ZEB will „Profilabitur“ mitberaten

■ Eltern sehen sich bei Reform der gymnasialen Oberstufe übergangen / Kein Sonderweg gegenüber Niedersachsen

Ganz pünktlich zum Beginn der Osterferien erhielt der Bremer Bildungssenator mal wieder Post vom Zentral-Eltern-Beirat (ZEB): In einem „offenen Brief“ teilte der Ausschuss Gymnasien aller bremischen Elternvertreter seine Verärgerung und Unzufriedenheit über das Verfahren mit, nach dem die SchülerInnen der 10-ten Klasse in diesem Jahr ihre Festlegungen für die gymnasiale Oberstufe treffen mussten. „Die Ergebnisse der Wahl der Schüler hatten der Behörde nicht gepasst“, sagt Elternsprecher Bodo Kupfer, daher habe die Behörde im Nachhinein die Rahmenbedingungen verändert und in einem Erlass entschieden, dass Leistungskurse nur mit einer Mindestzahl von 18 SchülerInnen stattfinden sollten. Wenn nach diesem Erlass verfahren worden wäre, dann wäre die „Wahlfreiheit“ der Schüler eine Farce gewesen: Alle die „gewählten“ Kurse hätten nicht stattfinden dürfen, für die an der betreffenden Schule weniger als 18 Anmeldungen gewesen waren.

Die Schulelternsprecher von Hermann-Böse-, Kippenberg- und Altem Gymnasium waren Ende Februar daraufhin in der Schulbehörde, um deutlich zu machen, dass dies vor allem die naturwissenschaftlichen Leistungsfächer betroffen hätte. „Unter einem nicht zu vertretenden Zeitdruck“ seien dann reihenweise Ausnahmen genehmigt worden, das Verfahren sei weder transparent noch öffentlich gewesen und von einer Beteiligung der Elternvertreter an den Entscheidungen, wie sie nach dem Bremischen Schulgesetz vorgesehen ist, könne man nicht reden. „Deshalb fordern wir die Rücknahme des Erlasses“, schreiben die Vertreter des Zentral-Elternbeirates.

Für das im Sommer beginnende Schuljahr würde das zwar nichts mehr ändern, weil die Tatsachen geschaffen wurden, sagt Elternvertreter Kupfer, aber da im kommenden Jahr die Oberstufe noch einmal ganz anders organisiert werden soll, fürchten die Elternvertreter, dass die Schnellschuss-per-Erlass-Methode der Schulbehörden „Schule machen“ könnte: „Profilabitur“ ist das Stichwort, die Wahlfreiheit der Schüler soll eingeschränkt werden zugunsten vollerer Kurse (also eingesparter Lehrerstunden) und stärkerer Fächerbindung, es soll wieder feste Klassenverbände für 21 der 32 Wochenstunden in der Oberstufe geben. Den Elternvertretern ist mitgeteilt worden, das sei bisher ein „Modell“ und es werde noch ausführliche Beratungen geben. Gleichzeitig aber hat der zuständige Schulrat klar gemacht, dass Bremen sich an dem niedersächsischen Modell orientieren werde, weil man keine „Insellösungen“ wolle – und in Niedersachsen hat die Kultusministerin schon im vergangenen Dezember mitgeteilt, wie das „Profilabitur“ die Oberstufe verändern wird: „Ab dem 1. August 2002 sollen alle allgemein bildenden Schulen mit gymnasialer Oberstufe verpflichtet werden, in der Kursstufe Fachkombinationen (Profile) zur Wahl für die Schüler anzubieten“, erklärte Kultusministerin Renate Jürgens-Piper.

An den „Fachgymnasien“ wird das Prinzip in diesem Sommer schon eingeführt. In Niedersachsen beginnt die „Kursstufe“ – im Unterschied zu Bremen – erst in der 12. Klasse, für den 11. Jahrgang gibt es normale Klassen. Auch an diesem Punkt könnte sich Bremen an das niedersächsische Modell angleichen – Bildungssenator Willi Lemke hat einmal bemerkt, das bremische System der Kurse schon in der 11. Klasse sei „teurer“; wenn die bremischen Schüler nicht besser ausgebildet würden, seien diese Mehrkosten schlecht begründbar. Die Eingrenzung der Kurs-Wahl durch sog. „Profile“ soll vor allem die naturwissenschaftliche Bildung in der Oberstufe stärken. Physik und Chemie als Prüfungsfach wählten nur ca. 15 Prozent der SchülerInnen in den 90er Jahren, erklärte der niedersächsische Kultusminister. Um im internationalen Leistungsvergleich etwa der TIMMS-Studie nicht weiterhin schlecht abzuschneiden, sollten den Schülern anstelle des bisherigen Systems der freien Wahl „curricular sinnvolle Fächerkombinationen“ angeboten werden. Die Schulen sollten gleichzeitig verpflichtet werden, „Schuldaten zu veröffentlichen“. Begründung der Ministerin Jürgens-Piper: „Eltern brauchen mehr Information und die Schulen mehr Wettbewerb“.

Das sind Formulierungen, die wörtlich auch von Lemke stammen könnten. Bremen will, so die Pläne der Bildungsbehörde, die Reform zur „Profiloberstufe“ zeitgleich mit Niedersachsen, also im Sommer 2002, einführen. Die Bremer Elternvertreter fürchten, dass damit wieder Zeitdruck produziert wird. Vor abschließenden Entscheidungen müsse es genügend Zeit für die Mit-Beratung geben, erklärt der ZEB, „ein solches Verfahren hat unbedingt Vorrang vor der Durchsetzung des derzeit geplanten Einführungstermins 2002.“ K.W.