: Heimliche Abwertung in Argentinien
Argentinien will die Peso-Dollar-Parität aufheben und durch eine Anbindung des Peso an einen Währungskorb aus Euro und Dollar ersetzen. Kritiker befürchten eine Abwertung. Außenstände in US-Dollar erhöhen sich
BUENOS AIRES taz ■ Die Peso-Dollar-Parität in Argentinien wackelt. Am Samstag kündigte Wirtschaftsminister Domingo Cavallo an, die starre Anbindung des argentinischen Peso an den US-Dollar aufzuheben. Von einer Abwertung könne aber keine Rede sein. Vielmehr wird er einen Gesetzesantrag im Kongress vorlegen, der das von ihm 1991 entworfene Gesetz verändert. Demnach soll der Peso in Zukunft zu jeweils 50 Prozent an den US-Dollar und den Euro gebunden werden. Vorwürfe, es handele sich um eine „versteckte Abwertung“, wies Cavallo zurück, denn der Euro könne noch steigen.
Cavallo braucht mehr Spielraum in der Wirtschaftspolitik des Landes. Mit der Peso-Dollar-Bindung hängt Argentinien sehr von der US-amerikanischen Finanzpolitik ab. Wird der Euro mit in die Währungsanbindung aufgenommen, werden die Abhängigkeiten breiter gestreut. Der strikt an den starken Dollar gebundene Peso erschwert die Reaktivierung der argentinischen Wirtschaft, die seit 1998 in einer tiefen Rezession steckt.
Mit Cavallos Plan wird der Peso im Wechsel eins zu eins anstatt an den Dollar an einen Währungskorb aus Euro und Dollar gebunden. Ein Peso ist dann so viel wert wie der Durchschnitt der beiden Währungen. Bei dem jetzigen Eurokurs von 90 Cents würde dies bedeuten, dass ein Peso 95 Cents kosten würde. Damit wäre der Peso fünf Cent weniger wert als heute und wäre in Zukunft etwas flexibler.
Mit dieser Änderung der Wechselkurspolitik wäre Argentinien etwas besser abgesichert gegenüber den Schwankungen im Währungssystem. Würde der Euro 20 Prozent seines Wertes verlieren, würde der Peso 10 Prozent fallen. Durch den gegenwärtig hohen Dollarkurs sind argentinische Waren in Europa und Brasilien überteuert. Eine Anbindung des Peso an den Euro und den Dollar würde diesen Effekt etwas bremsen. Cavallo macht den hohen Dollarkurs mitverantwortlich für die argentinische Rezession. „Ohne Zweifel ist der starke Anstieg des Dollars gegenüber dem Euro und der Mehrzahl der Währungen in 1999 und 2000 einer der wichtigen Gründe für die derzeitige Deflation und Depression.“ Sollte der Euro gegenüber dem Dollar steigen, wäre der Peso mehr wert als der Dollar.
Das Problem von Cavallos Plan ist allerdings, dass in Argentinien sowohl Unternehmer als auch Privatleute in Dollar rechnen. Daher ist es zweifelhaft, ob nach einer Abkehr von der Peso-Dollar-Parität der Peso als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Fraglich bleibt auch, was aus den Staats- und Privatschulden wird. Viele argentinische Privathaushalte sind in US-Dollar verschuldet. Diese Dollarschulden würden sich bei einer Abwertung des Peso verteuern. Auch die argentinische Außenschuld in Höhe von rund 220 Milliarden Dollar würde dadurch teurer werden. Sie ist zu über 80 Prozent in Dollar aufgenommen. INGO MALCHER
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen