: Brauchen wir Juniorprofs?
NEIN.
Früher mussten angehende HabilitandInnen mit einem Buch nachweisen, dass sie gute Wissenschaftler sind. Diese Regel war falsch. Forschen heißt Zusammenhänge suchen und erkennen – was manchmal nur Schritt für Schritt gelingt. Forscher müssen ihre Ergebnisse daher bei angesehenen Zeitschriften begutachten lassen; publiziert werden nur die besten. Dadurch qualifizieren sich WissenschaftlerInnen und nicht durch ein großes Buch. Die meisten deutschen Hochschulen haben das längst erkannt, auch ohne Dienstrechtsreform. Sie praktizieren die Kumulativhabilitation aus mehreren Aufsätzen in renommierten Zeitschriften. Bulmahns Gesetz ist also überflüssig.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Juniorprofessuren sind schlicht eine Methode, um Geld zu sparen. Wenn künftig die Leitungsorgane der Hochschulen und die Fachhochschulprofessoren mehr verdienen sollen, dann muss gespart werden, und zwar indem die normalen Professuren schlechter bezahlt, das heißt zu Juniorprofessuren herabgestuft werden. Nur so lässt sich die von den Finanzministern geforderte Kostenneutralität erreichen. Eine hervorragende Methode, um die besten jungen Forscher von den Universitäten zu vertreiben.
Klar, jeder soll nach Leistung entlohnt werden. Das sagte schon der DDR-Wrtschaftsminister Günter Mittag. Er legte von oben fest, was Leistung ist, die Betriebe folgten ihm, und die Wirtschaft brach zusammen. Wo liegt der Fehler? Leistung kann weder von Ministern noch von Universitätspräsidenten und ihren Gremien festgelegt werden, sondern nur durch den Wettbewerb. Die geplante Mittelvergabe nach Leistungskennziffern ist hingegen eine neue Form der Planwirtschaft, in der die mächtigsten Interessengruppen in der Universität über Ziffern festlegen, wer wie viel erhält.
Eine Leistungsentlohnung gibt es an den Hochschulen doch schon lange: In Forschung und Lehre erfolgreiche ProfessorInnen erhalten Lehrstuhlangebote mehrerer Hochschulen. So können sie sich bessere Ausstattung und ein besseres Gehalt aushandeln. Dabei wird nicht nach starren Kennziffern vorgegangen, sondern Berufungskommissionen begutachten die Wissenschaftsvita der BewerberInnen und kommen zu einem Berufungsvorschlag, dem das Ministerium in der Regel folgt. Warum also will man diese bewährte durch eine fragwürdige Leistungsentlohnung ersetzen?
Wer einen Blick in das Innere einer Hochschule wirft, erkennt auf den ersten Blick, wo Reformen Not tun: Bei den zentralen Gremien, wo Macht und Verantwortungslosigkeit gepaart sind. Eine wirkliche Reform müsste von der Objekt- zur Subjektfinanzierung übergehen. Das bedeutet, der Staat sollte nicht so sehr die Objekte Hochschulen finanzieren, sondern die Studierenden als Subjekte. Das würde die Finanzierung der Hochschulen vom Kopf auf die Füße stellen. Denn die Studierenden würden das Geld zu den Studienganganbietern tragen, also zu Instituten und Fachbereichen. Sie entscheiden damit, wohin die Mittel fließen. Die Studierenden wiederum finanzieren sich über staatliche Stipendien, staatlich gesicherte Kredite und einkommensabhängig rückzahlbare Darlehen sowie über eigene Beiträge. So lässt sich Wettbewerb organisieren. Welches Dienstrecht dabei angewandt wird, stellt keine politische Frage mehr dar. Dies obläge den autonomen Studienganganbietern.
Wer modern denkt, erkennt den Vorschlag einer bundesweiten Dienstrechtsreform als Ladenhüter aus der zentralstaatlichen Mottenkiste. Er ist nicht fortschrittlich, sondern konservativ. Notwendig wäre aber mehr Wettbewerb durch eine andere Finanzierung, wie sie in den USA praktiziert wird. Doch davon lenkt die Dienstrechtsreform ab. Sie setzt am falschen Punkt an und ist in diesem Sinne nicht nur überflüssig, sondern schädlich.CHARLES B. BLANKART
Prof. Dr. Charles B. Blankart (58) leitet das Institut für öffentliche Finanzen an der Berliner Humboldt-Universität. Er ist Unterzeichner eines Protests gegen die Dienstrechtsreform.
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