piwik no script img

Scharfe US-Kritik an Israel zeitigt Folgen

Palästinenser beschießen erneut israelische Orte. Nach harten Worten aus den USA ziehen sich Israelis zunächst aus Gaza zurück. Heftige Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Armee. Ägyptens Präsident Mubarak kritisiert Scharon, Syriens Informationsminister droht

JERUSALEM/KAIRO taz ■ Palästinenser haben am Mittwochmorgen die jüdische Siedlung Neve Dekalim im Süden des Gaza-Streifens mit Mörsergranaten beschossen. Drei weitere Granaten schlugen am Rande des Industriegebietes von Eres ein, dem wichtigsten Grenzübergang nach Israel im Norden des Gaza-Streifens. Nach ungewöhnlich heftiger amerikanischer Kritik an der israelischen Besetzung autonomer Palästinensergebiete im Gaza-Streifen hatte Israel seine Truppen in der Nacht zum Dienstag aus den autonomen „Zonen A“ wieder zurückgezogen. Die Nacht zuvor hatte israelisches Militär als Reaktion auf den Granatbeschuss der israelischen Stadt Sderot von Gaza aus einen Teil des Gaza-Streifens besetzt, Häuser angegriffen und Grenzposten zerstört. Colin Powell hatte diese Maßnahmen als „exzessiv“ und „unverhältnismäßig“ kritisiert.

Während der israelische Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser und Ministerpräsident Scharons Büro behaupteten, der Rückzugsbeschluss sei schon Dienstagmorgen, Stunden vor der Verurteilung Israels durch den US-Außenminister, in einem Tête-à-tête beider Politiker getroffen worden, bestreitet die Armee, darüber informiert worden zu sein. Noch am Dienstagnachmittag hatte Brigadegeneral Jair Naveh vor Reportern im Gaza-Streifen betont, die Armee werde „Tage, Wochen, ja Monate im Gaza-Streifen bleiben, so lange wie nötig“. Über die Widersprüche kam es am Mittwoch zu einer schneidenden Kontroverse zwischen Regierung und Armee, aber auch innerhalb des Kabinetts.

Nabil Abu-Rudeineh, politischer Berater Arafats, erklärte im palästinensischen Rundfunk, es gebe keine Alternative zu Verhandlungen über eine politische Lösung, da die militärische Auseinandersetzung sich als sinn-und zwecklos erwiesen habe.

Über die explosive Situation im Nahen Osten hat sich Arafat als Erstes mit Ägyptens Präsident Hosni Mubarak beraten. Nach den Konsultationen in Scharm al-Scheich meinte Mubarak: „Die Israelis denken, sie können den Aufstand mit exzessiver Gewalt stoppen, aber diese Politik wird nur eine weitere Verschärfung der Gewalt nach sich ziehen.“ Nach der Amtsübernahme von Ariel Scharon hatte der ägyptische Präsident mehrmals betont, man müsse der neuen Regierung Zeit lassen. Nach der neuesten Entwicklung sei zu befürchten, dass die Operationen im Libanon in noch größerem Ausmaß wiederholt würden, und die Ausdehnung auf Syrien habe weiteres Öl ins Feuer gegossen, erklärte Mubarak nun.

Am Dienstag hatte der syrische Informationsminister Adnan Omran drohende Worte gefunden: Scharon schaffe Gefahren für die Stabilität der Region, die auch Israel mit einbezögen, erklärte er.

ANNE PONGER, ASTRID FREFEL

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen