: Familienkonferenz
Da hat man endlich seine Kinder groß und aus dem Haus, alle haben – mehr oder weniger – etwas Anständiges gelernt und vielleicht sogar ganz gute Arbeit gefunden. Jetzt soll Ruhe einkehren, jetzt möchte man etwas für sich tun. Vielleicht eine Reise machen oder ein neues Auto anschaffen. Und dann – dann meldet sich das Sozialamt und fordert Unterhalt für den sozialhilfebedürftigen Vater oder die Mutter. Dieser Fall tritt zum Beispiel ein, wenn die Eltern in ein Alten- oder Pflegeheim müssen und die eigene Rente oder die eigenen Ersparnisse für die laufenden Kosten nicht ausreichen. Dann wird Sozialhilfe beantragt. Und damit kommt das Sozialamt und prüft, ob nicht die Kinder leisten könnten und müss-ten. Zu Recht, wie der Gesetzgeber sagt.
Erwachsene Kinder haben, soweit sie dazu in der Lage sind, ihren bedürftigen Eltern Unterhalt zu leisten. Nach Abzug von Schulden und Unterhaltsverpflichtungen muss den Kindern ein notwendiger Selbstbehalt von 2.250 Mark verbleiben. Alles, was sie darüber hinaus zur Verfügung haben, müssen sie abgeben.
In Zeiten zunehmend leerer werdender Sozialkassen kommen die Sozialämter allerdings auf immer krudere Ideen, mit denen sie notfalls auch vor Gericht gehen. So soll zum Beispiel eine 55-jährige, nicht erwerbstätige, verheiratete Tochter das selbstgenutzte Familienheim verkaufen oder putzen gehen, um den Heimaufenthalt der Mutter zu bezahlen. Dem hat das Oberlandesgericht Köln (Entscheidung vom 23.02.2000, FamRZ 2001, 437) dann doch einen Riegel vorgeschoben mit dem Hinweis, dass die Kindergeneration ohnehin durch ihre Sozialversicherungsabgaben von circa 20 Prozent schon die Elterngeneration im Alter mitversorge. Dies müsse bei der Frage der Verpflichtung, jedwede Arbeit aufzunehmen, berücksichtigt werden.
Mit anderen Worten, nicht jede Idee des Sozialamtes, wie es zu Geld kommen könnte, hält der Überprüfung der Gerichte stand. Es lohnt sich demnach, sich hier beraten zu lassen.
Waltraud Braker
Waltraud Braker ist Rechtsanwältin für Familienrecht in Hamburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen