■ Rosi Rolands unglaubliche Bremer Geschichten
: Scherf lächelt in den Mai

Gestern bin ich mit meiner Freundin Karin aus Hamburg durch die Stadt geschlendert und an vielen Plakaten vorbeigekommen, die für den 1. Mai werben. Am Freitag geht es los bei den Weserterrassen. „Für Bremen begeistern“ ist das Motto, Henning Scherf lächelt ins Plakat hinein und wird natürlich auch da sein: „Sprechen Sie mit Henning Scherf ... und Anderen“, steht da. Am Samstag ist Tanz in den Mai, und am Sonntag sammeln sich die Demonstranten gegen 11 Uhr auf dem Osterdeich, um 12.05 Uhr ist die Kundgebung auf dem Domshof angesetzt.

„Wieso steht denn die Mai-Demonstration unter dem Motto: Für Bremen begeistern“, fragte Karin plötzlich. Mir war das noch gar nicht aufgefallen. Karin irritiert: „Und redet bei Euch der Bürgermeister auch auf der 1. Mai-Kundgebung des DGB?“ Als wir dann unter dem Bismarck-Denkmal standen vor dem Rathaus, da wurde sie richtig bösartig: „Naja, Euer Bürgermeister kennt ja keine Parteien mehr, er kennt nur noch Bremer.“

Das konnte ich doch nicht auf Henning sitzen lassen. „Sowas hat Henning Scherf nie gesagt und übrigens auch Bismarck nicht, der kannte nur keine Sozialisten. Ich kenne keine Parteien mehr stammt von dem deutschen Kaiser, 1914.“ Meine Freundin schnippisch: „Eben.“

Sie kommt eben aus Hamburg und fühlt sich deshalb besonders links. „Blöderweise steht auf den Plakaten nicht, wer am 1. Mai redet“, fuhr ich fort, „aber sicher redet die DGB-Vorsitzende Helga Ziegert.“

Karin war nicht mehr zu bremsen: „Die ist doch SPD-Abgeordnete. Und warum ist auf den Mai-Plakaten das Foto von Eurem Bürgermeister?“

Wir kehrten nochmal um, um den Plakatständer genauer zu betrachten. „Siehst Du, das Scherf-Foto ist doch auf einem SPD-Plakat“, triumphierte ich. „Also veranstaltet bei Euch die SPD die 1. Mai-Demonstration? Gibt es keinen Gewerkschaftsbund mehr?“ Wir gingen um das Plakat herum. Auf der einen Seite war das SPD-Plakat, auf der anderen Seite war das Plakat für die Demo. „Und? Kannst Du lesen: DGB steht da“, triumphierte ich, „das ist gar kein SPD-Plakat. Da ist der DGB.“

Karin war platt, wollte sich aber nicht geschlagen geben: „Stellt bei Euch der DGB die Plakate für die SPD auf oder die SPD die Plakate für den DGB?“ fragte sie. Ich holte zum entscheidenden Schlag aus: „Wir in Bremen kennen da keinen Unterschied.“ Endlich schwieg sie. Rosi Roland