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Die EU verhandelt mit der Bush-Administration über das KlimaIm Notfall auch ohne die USA

Man bleibe weiter im Gespräch, man biete Alternativen an, vielleicht könne man die USA wieder ins Boot holen. Die Meldungen vom New Yorker Umweltkongress lassen nichts Gutes ahnen. Denn nichts wäre falscher, als George Bush mit seiner Blockade des Klimaschutzes durchkommen zu lassen – und nun das Kioto-Protokoll so lange aufzuweichen, bis auch der US-Präsident mitmacht.

Nein, Europa muss den Kioto-Prozess allein bewältigen. Gewänne man erst Japan und Russland, dann zögen auch genügend andere Staaten nach, um das Protokoll in Kraft treten zu lassen. Die Russen sind leicht zu überzeugen, weil sie im Handel mit Verschmutzungsrechten, wie es Kioto vorsieht, Geld verdienen könnten. Und auch bei den Japanern besteht Hoffnung, weil sie nicht verantwortlich für ein Scheitern sein wollen.

Natürlich ist es schizophren, das Klima ohne den größten Verschmutzer zu schützen. Doch ein Entgegenkommen an Bush, viel deutlicher als auf dem letzten Gipfel in Den Haag, wäre verheerend.

Es käme erstens ein Protokoll zustande, das nicht viel wert wäre. Schon in seiner jetzigen Form enthält es ärgerliche Schlupflöcher.

Zweitens würde Bushs Verhalten belohnt. Geschaffen würde ein Präzedenzfall, der alle laufenden Verhandlungen um Umweltstandards, ob bei den Konventionen zum Schutz der Artenvielfalt oder bei der Welthandelsorganisation gefährdete.

Drittens würde es die Umweltbewegung in den USA brüskieren. Sie starten bereits Kampagnen gegen Bush, der auch national eine Reihe von Umweltgesetzen kassierte. Gibt die EU bei Kioto nach, stünde Bush auch national plötzlich als genialer Stratege da.

Würde man nun ohne die USA vorangehen, bliebe zumindest die Hoffnung, dass Washington irgendwann nachzieht – und wenn man dafür auf einen neuen Präsidenten warten muss. Es ist deprimierend mit anzusehen, wie die EU auf dem besten Wege ist nachzugeben. Selbst die Grünen üben sich heute im Schmusen. Hatte die Weltkonferenz grüner Parteien kürzlich immerhin einen Boykott von US-Ölfirmen beschlossen, erklären die deutschen Grünen nun, ihre Zustimmung sei so nicht gemeint gewesen.

Alle Markentankstellen verkaufen denselben Sprit zum selben Preis. Doch die Gewinne werden unterschiedlich verwandt: Das Esso-Mutterhaus Exxon füllt damit Bushs Wahlkampfkasse und torpediert den Klimaschutz, BP und Shell stützen dagegen den Kioto-Prozess. Es wird Zeit, dass Bush lernt, dass die Blockade des Klimaschutzes ihm auch wirtschaftlich schadet. MATTHIAS URBACH

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