: Rausgucken!
Der Frühling kommt mit einem Plop gerade noch rechtzeitig zum Tag des Baumes ■ Von Kaija Kutter
Wer in diesen Tagen nicht immer mal wieder die Bäume anguckt, verpasst ein großes Event: die Blätter ploppen. Endlich, mit zwei bis drei Wochen Verzögerung, hält der Frühling Einzug. „Wenn es warm bleibt, kann es jeden Tag explosionsartig losgehen“, sagt Jochen Wippermann von der Bundesforschungsanstalt für Holz- und Forstwirtschaft in Lohbrügge. Noch drücken die Wurzeln von unten das Wasser in die Bäume. Wachsen dann die Blätter, die in den Knospen bereits vollständig ausgebildet sind, saugen diese den Zellsaft nach. Wippermann: „Sie müssen mal eine Kastanie betrachten. Es ist ein Wunder, was da aus der Knospe herauskommt.“
Entscheidend für das Wachstum ist die Wärme. War der Frühling 2000 der heißeste seit 100 Jahren, gab es in diesem Jahr noch bis vor einer Woche Nachtfrost. „Das Licht war da, aber die Temperaturen nicht“, sagt Michael Wagner vom Agrarmeteorologischen Institut in Schleswig. Auch der Boden war mit 3 Grad vergangene Woche noch viel zu kalt. Seit Montag aber hat sich die Luftmasse erwärmt. „Wir erwarten jetzt die ganze Woche über um die 15 Grad. Selbst an Tagen mit wenig Sonne“, sagt Günter Delfs vom Hamburger Wetteramt. „Jetzt wird die Natur loslegen.“
Kastanie, Spitzahorn und Zierkirschen „schieben“ bereits ihre Blätter „raus“, wie ein Baumingenieur es nennt, animiert durch baumeigene „Phyto-Hormone“. Das zarte Grün von Buchen und Linden bekommen wir wohl erst im Mai zu sehen, gefolgt von Esche und Eiche und zu guter Letzt der Robinie. „Ende April liegt sonst ein grüner Schleier über der Natur“, sagt Wippermann. Spätestens in acht Tagen werde dieser deutlich zu erkennen sein.
Und macht es der Natur was aus, wenn es so lange kalt bleibt? Die Tulpen stehen beispielsweise schon seit Wochen stand-by und trauen sich nicht, die Blüten zu öffnen. „Die Pflanzen halten das aus“, sagt Agrarmeteorologe Michael Wagner. Nachteile gibt es in der Landwirtschaft. So gehören Kartoffeln nach alter Bauernregel schon am 100. Tag des Jahres gepflanzt. Und der Weizen bildet weniger Wurzeln, wenn er spät keimt – was den Ertrag mindert.
Der Hamburger Umweltbehörde dürfte der Flühlingsplop gerade recht kommen. Behauptet sie doch anläßlich des heutigen „Tag des Baumes“, dass Hamburg eine „grüne Stadt“ sei. Immerhin rund 250.000 Bäume stehen in Parks und Straßen, zur Feier des Tages kommt in Altona, Bergedorf und Mitte noch je eine Esche dazu.
Der einstmals heilige Ölbaum mit federigem Blattwerk ist Baum des Jahres 2001. Alle, die sich bereits um den Frühling betrogen fühlen und auf einen echten Sommer hoffen, sollten die „samtschwarzen, zwiebelspitzen“ Knospen der Esche (siehe Beschreibung im Internet www.baum-des-jahres.de) argwöhnisch im Auge behalten. Denn „keimt die Eiche vor der Esche“, so sagt eine alte Bauernregel, „gibt es im Sommer eine große Wäsche“. Sprich, es gibt viel Regen. Keimt jedoch die „Esche vor der Eiche, gibt es eine große Bleiche“. Her damit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen