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Drogenhändler ins Netz gegangen

Drei Tage nach seiner Festnahme in Kolumbien wird „Fernandinho Beira-Mar“ der brasilianischen Polizei übergeben. Angeblich lieferte er der Farc-Guerilla Waffen gegen Kokain. Die Behörden hoffen nun auf einen Kronzeugen

SÃO PAULO taz ■ Brasiliens meistgesuchter Drogenhändler ist gestern Früh in der Hauptstadt des Landes eingetroffen. Nach einem zweitägigen Verhör durch Kolumbiens Staatsanwaltschaft wurde Luiz Fernando da Costa alias Fernandinho Beira-Mar mit einem Flugzeug der brasilianischen Luftwaffe nach Brasilia befördert. „Klein-Ferdinand Meeresküste“ soll die Rebellen der „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (Farc) mit Waffen versorgt und im Gegenzug Kokainlieferungen nach Brasilien und Surinam organisiert haben.

Am vergangenen Donnerstag hatte ein kolumbianischer Militärjet die Cessna des 33-jährigen Beira-Mar in der Amazonas-Provinz Vichada zur Notlandung gezwungen. Nach einer dramatischen Verfolgungsjagd stellten 200 kolumbianische Soldaten den Brasilianer.

Es war der größte Erfolg der Antidrogenoperation „Schwarze Katze“, die die Armee seit dem 11. Februar im Osten des kolumbianischen Amazonasbeckens durchführt. Dabei arbeiten die Kolumbianer in einer Art Pilotprojekt des „Plan Colombia“ mit den Behörden der USA, Paraguays und Brasiliens zusammen.

Beira-Mar ist einer der schillerndsten „Narcos“ Lateinamerikas. Er wuchs im gleichnamigen Armenviertel von Rio de Janeiro auf und stieg als 18-Jähriger in den Drogenhandel ein. Nach einer Verurteilung zu 32 Jahren Haft gelang ihm 1997 die Flucht aus dem Gefängnis. Danach soll er sich jahrelang in Paraguay aufgehalten haben. Von dort aus stand er Anfang letzten Jahres per Handy zwei parlamentarischen Ausschüssen Rede und Antwort, die die Verwicklungen brasilianischer Politiker und Polizisten mit dem Drogengeschäft untersuchten. Danach ging er nach Kolumbien.

Seine tatsächliche Bedeutung innerhalb des Drogenhandels ist umstritten. Für die kolumbianischen Militärs ist er der „Pablo Escobar Brasiliens“. Ähnliches behauptet Rios Gouverneur Anthony Garotinho, der die Festnahme Beira-Mars auf die engagierte Zuarbeit seiner Polizeibehörden zurückführt. Dagegen bezeichnet Mauro Spósito von der brasilianischen Bundespolizei Beira-Mar lediglich als „leitenden Angestellten“ von Leonardo Dias Mendonça. Dieser flüchtige Drogencapo sei ebenfalls an der Kolumbien-Surinam-Connection beteiligt, zusammen mit Dino Bouterse, dem Sohn von Surinams Expräsident Desi Bouterse.

Wird Beira-Mar nun zum Kronzeugen gegen Kolumbiens Guerilla, was sich nicht nur US-Drogenstaatssekretär Rand Beers wünscht? Drogenhandel und Guerilla seien „das Gleiche“, sagte Beers vor kurzem der kolumbianischen Zeitung El Espectador. Und Farc-Kommandant Iván Rios gab vor vier Wochen zu, dass die Rebellen „Steuern“ von jenen Drogenkurieren erheben, die „unsere Bauern aufsuchen“. Er fügte hinzu: „Ich glaube, Beira-Mar gehört dazu.“

In einem Notizbuch, das kolumbianischen Soldaten bei dem angeblichen Beira-Mar-Kompagnon Ney Machado sicherstellten, sollen sich Hinweise auf 1,7 Tonnen Kokain finden, die in São Paulo für 6,5 Millionen Dollar verkauft worden seien. Im Gegenzug seien an die Farc Waffen im Wert von 421.000 Dollar geliefert worden. GERHARD DILGER

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