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Die Alterspyramide stürzt ein

Landesbetrieb Krankenhäuser bereitet sich auf massiven Nachwuchsmangel vor: Ältere sollen Lücken im Arbeitsangebot füllen  ■ Von Gernot Knödler

Heinz Lohmann denkt voraus. Der Vorstandssprecher des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) hat sich die Bevölkerungsprognose für das Jahr 2015 angesehen und erkannt, dass ihm in wenigen Jahren Arbeitskräfte fehlen werden. „Es wächst eine Nachfrage im Gesundheitssektor heran, die dramatisch ist“, so seine Einschätzung. Er will deshalb weiter rationalisieren, sich um alte ArbeitnehmerInnen kümmern und technisch Interessierte für Krankenhaus-Jobs begeistern.

Legt man die Bevölkerungspyramide von heute über die des Jahres 2015, wird Lohmanns Problem augenfällig: Während es in 14 Jahren viel weniger 30- bis 40-Jährige geben wird als heute, wird es weitaus mehr MittvierzigerInnen bis MittfünfzigerInnen geben als jetzt noch. Statt vieler junger Leute werden der Wirtschaft viele Alte zur Verfügung stehen.

Das wird noch verschärft dadurch, dass sich der heute schon schlanke Sockel, der die Alterspyramide eher wie einen Tannenbaum aussehen lässt, weiter verschmälert. Der Nachwuchs, auch für den Arbeitsmarkt, bleibt aus.

Lohmann sieht in diesen Tatsachen zunächst eine zusätzliche Begründung für die laufende Rationalisierung in den Krankenhäusern. Er will die Arbeitsabläufe weiter verbessern, so dass der LBK mit noch weniger Personal auskommen kann als heute. Gleichzeitig erkennt er die Notwendigkeit, die Personalpolitik der Krankenhäuser, insbesondere im Bereich der Pflege, völlig umzukrempeln.

„Es wird ganz stark darum gehen, ältere Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnen wieder in Beschäftigung zu bringen“, sagt der LBK-Vorstandssprecher. Krankenschwestern zum Beispiel kündigten immer noch oft bereits nach wenigen Berufsjahren ihre Stelle, um eine Familie zu gründen. Wenn es ihnen erleichtert würde, nach der Familienphase wieder in ihrem Beruf zu arbeiten, ließe sich manche Lücke füllen.

Dabei müssten sie nicht unbedingt wieder in der kräftezehrenden Pflege arbeiten, sie könnten auch einen der sich vervielfältigenden Service-Jobs übernehmen – von der Lagerei über die Verwaltung bis hin zu Führungsaufgaben. „Wir haben nach wie vor einen Mangel an Führungskräften im Krankenhaus“, sagt Lohmann.

Viele dieser Jobs kämen auch für QuereinsteigerInnen aus anderen Berufen in Frage. Voraussetzung in allen Fällen seien allerdings verbesserte Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Um seine MitarbeiterInnen besser auf Leitungsfunktionen vorzubereiten, will Lohmann die betriebliche Ausbildung mit Hochschul- und Fachhochschul-Studiengängen verzahnen.

Schließlich will der LBK-Chef anderen Branchen die Azubis abspenstig machen. „Wir brauchen auch andere Berufsbilder im Krankenhaus“, sagt er. Nicht nur Menschen mit sozialem, sondern auch solche mit technischem Interesse sollen sich beim Krankenhaus bewerben. Um das plausibel zu machen wünscht sich Lohmann neue Berufe wie den „Operationstechnische Assistenten“.

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