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Präsenz zeigen im Wahljahr

Zum 1. Mai zeigt sich die Politprominenz auf der DGB-Demonstration. Runde von Tierschützer mit Speisefarbe bespritzt  ■ Von Kai von Appen

Es war wohl eher das schöne Wetter als das Motto „Zukunft braucht alle Köpfe – Mitbestimmung gewinnt“, das gestern mehr als 10.000 Menschen zur traditionellen Demonstration des DGB-Hamburg zum 1. Mai auf die Straße brachte. Und selbst die rot-grüne Senats- und Regierungs-Prominenz – von SPD-Bürgermeister Ortwin Runde über seine grüne Stellvertreterin Krista Sager, SPD-Chef Olaf Scholz und das GAL-Führungsduo Antje Radtcke und Kurt Edler bis hin zu den Fraktionschefs und Senatoren waren sie alle anwesend – ließ es sich im Wahljahr 2001 nicht nehmen, auf dem Marsch durch Altona Präsenz zu zeigen.

DGB-Chef Erhard Pumm dankte es ihnen auf der Abschlusskundgebung auf dem Fischmarkt vor Beginn mit Wahlkampf pur. Pumm lobte, dass es zusammen mit der Hamburger Initiative für Arbeit und Ausbildung des Bürgermeisters gelungen sei, die Arbeitslosigkeit in der Stadt von 100.000 auf 70.000 Joblose zu senken. „Beim Abbau von Jugendarbeitslosigkeit steht Hamburg bundesweit ganz vorn“, sagte Pumm, „aber: 70.000 Erwerbslose benötigen noch Jobs.“

Eine tolle Leistung sei auch die Ansiedlung des Airbus A 380, wodurch Arbeit nach Hamburg komme: „Thomas Mirow, das habt ihr gut hinbekommen.“ Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit müssten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden. So würden allein in Hamburg noch immer jährlich 40 Millionen Überstunden geleistet. Neue Jobs könnten auch durch Jobrota-tion, Teilzeit sowie durch die Schaffung von Jahres- und Lebensarbeitszeitkonten entstehen.

Die von Bundekanzler Gerhard Schröder initiierte „Faulheitsdebatte“ sei dagegen ein Affront. „Wir verwahren uns in Hamburg dagegen, dass Arbeitslose diskriminiert werden“, schimpfte Pumm. Das Hamburger Arbeitsamt vermittle jährlich 100.000 Menschen einen neuen Job, da könne von Faulheit keine Rede sein. Die Politik sei indes gefordert, auf die Unternehmen einzuwirken, endlich ihr Verprechen, Arbeitsplätze zu schaffen, einzulösen. Stattdessen fühlten sich eher manche „Deregulierer als Absahner in ihrem Element“, wenn ihnen für eine Firmenverlagerung hohe Subventionen gezahlt und Lohndumping in Aussicht gestellt werden: „Profit schafft Habgier!“

Dass Hamburgs TierschützerInnen wegen der Hundeverordnung alles andere als mit Rot-Grün zufrieden sind, demonstrierten Aktivisten beim Marsch durch Ottensen. Sie stellten sich den Promis entgegen und spritzten Runde aus einer Wasserspistole rote indische Speisefarbe ins Gesicht. Ein 28-Jähriger, dessen Hund voriges Jahr beschlagnahmt worden war, wurde festgenommen, seine Wohnung am Nachmittag vom Staatsschutz durchsucht. Während Runde nach einem Kleiderwechsel bei Freunden wacker am 1. Mai-Endspurt teilnahm – es ist eben Wahljahr.

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