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Verschlungene Ost-West-Transfers

Der 34-jährige Oliver K. soll Scheingeschäfte abgewickelt und versucht haben, seine Versicherung um zwei Millionen Mark zu prellen: mit Bienengift und Rheumasalbe, die auf dem Weg in die Ukraine verschwunden sein soll

Die Geschichte des westdeutschen Geschäftsmanns Oliver K. folgt dem Lauf verschlungener Ost-West-Transfers, wie sie es viele in der Nachwendezeit gegeben hat. Wie immer geht es um Geld. Um Lastwagen, deren Ladung verschwindet. Um untergetauchte ukrainische Geschäftspartner. Und um Import-Export-Firmen, die sich längst wieder aufgelöst haben.

Zwischen all diesen Fragen steht ein gut gelaunter, hoch gewachsener 34-jähriger Mann im Gerichtssaal. Oliver K. sollte gestern nun schon zum zweiten Mal vor dem Landgericht der Prozess gemacht werden. Aber erneut musste der Richter den Fall auf unbestimmte Zeit aussetzen. Denn weder die polnischen Lkw-Fahrer noch der geheimnisvolle ukrainische Geschäftspartner waren als Belastungszeugen erschienen. Der Angeklagte Oliver K. lächelte breit.

Ihm wird vorgeworfen, er habe im Jahr 1994 Scheingeschäfte abgewickelt. Um zwei Millionen Mark soll er versucht haben, eine Versicherung zu betrügen.

Der Coup soll sich im komplexen Milieu internationaler Handelsbeziehungen zugetragen haben: Denn da gab es zunächst dieses russische Bienengift, das im undurchsichtigen Gewirr der osteuropäischen Warenströme angeboten wurde, und welches anfangs niemand haben wollte.

Schließlich wurde das Bienengift dann doch in einer Magdeburger Firma zu Rheumasalbe verarbeitet, drei Lkw-Ladungen voll, insgesamt 800.000 Tuben Medizin. Und es war Oliver K., der daraufhin ein Transportunternehmen beauftragte, die Salbe nach Kiew zu fahren. Später verklagte er die Versicherungsgesellschaft der Firma auf Schadensersatz. Denn die Medizin sei nie angekommen.

Das sehen die drei mit der Lieferung betrauten polnischen Lkw-Fahrer allerdings anders. Wie sie im ersten Verfahren gegen Oliver K. im November ausgesagt haben, fanden sie unter der Empfängeradresse in Kiew nur ein geschlossenes Büro vor. Sie händigten die Salbe darum einigen hinzukommenden Männern aus, die sich als Mitarbeiter der Firma ausgaben.

Doch wie die Staatsanwaltschaft inzwischen herausgefunden hat, war das besagte Im- und Exportunternehmen offiziell schon ein Jahr zuvor aufgelöst worden.

Die Behörde vermutet, dass Oliver K. mit einem ukrainischen Geschäftsmann zusammengearbeitet hat, um die Versicherung zu prellen. Bis heute allerdings ist dieser Zeuge nicht auffindbar. KIRSTEN KÜPPERS

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