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MAKEDONISCHE ARMEE MACHT ALBANISCHE MINDERHEIT ZUM FEINDFilm ab zur ewigen Wiederholung

Bei den Minderheiten in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens genießt er immer noch hohes Ansehen: Josip Broz, genannt Tito, der gestern vor genau 21 Jahren starb. Denn dem kommunistischen Staatsgründer war es gelungen, die nationalen Konflikte in der Vielvölkerregion zu steuern und mit Filigranarbeit und harter Hand einen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen und Gefühlen zu finden.

Mit der Politik der „ethnischen Säuberungen“ der letzten zehn Jahre ist diese Gedankenwelt passé. Auch in Makedonien. Der unanbhängige Staat wurde von der makedonischen Mehrheit 1991 als der „eigene“ Nationalstaat definiert, selbst die alteingesessenen Minderheiten werden trotz einer akzeptablen Verfassung in der Praxis als „Gäste“ angesehen. Das zeigte sich auch beim Einsatz der makedonischen Armee gegen albanische Zivilisten: Weil einige Soldaten der „eigenen“ Armee (nicht der „gemeinsamen“ Armee, obwohl auch Albaner in ihr dienen) im Kampf gegen die „Terroristen“ sterben, wird das andere Kollektiv bestraft. In Skopje werden Bomben auf albanische Restaurants geworfen; in der Stadt Bitola, weit entfernt vom Kampfgeschehen, zerstört ein makedonischer Mob Geschäfte und Häuser von Albanern: Hier geht es offensichtlich nicht um den Kampf gegen einzelne Terroristen, sondern um die Bestrafung der albanischen Bevölkerungsgruppe.

Tito kannte seine Jugoslawen. Die internationale Gemeinschaft offenbar nicht. Sie hat in diesem Konflikt Partei ergriffen. In der durchaus verständlichen Absicht, nicht auch noch der Zerstörung des Staats Makedonien zuzusehen, wurden die Herrschenden in Skopje einseitig unterstützt und die moderaten Albaner faktisch fallen gelassen. Die Botschaft ist angekommen. Die makedonische Mehrheit sieht ihren Nationalismus als bestätigt an. Sie denkt nun, für ihrem Kampf freie Hand zu haben. Die Albaner dagegen sind von den Internationalen enttäuscht, sie rücken näher zusammen und radikalisieren sich. Auch bei ihnen setzt sich die kollektive Denkweise durch.

Der Appell an die makedonische Regierung, rechtsstaatlich vorzugehen, reicht nicht aus. Will die internationale Gemeinschaft die Auseinandersetzung noch in friedliche Bahnen lenken, muss sie auch auf die makedonische Seite mäßigend einwirken. Die Militärhilfe wird sich als der falsche Weg erweisen. Der Film scheint unaufhaltsam abzurollen – wie schon bei den vorausgegangenen Kriegen auf dem Balkan. ERICH RATHFELDER

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