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Steuerrecht leicht gemacht

Expertenkommission schlägt radikale Vereinfachung der Einkommenssteuer vor. Alternativer Wirtschaftsweiser begrüßt neue Diskussion um Steuerprivilegien

Netto würde die Reform den Bund12 Milliarden Mark an Einnahmen kosten

BERLIN taz ■ Der Ansatz ist nicht neu, dafür war der Zeitpunkt für die Präsentation gut gewählt: Die rot-grüne Einkommenssteuerreform befindet sich noch mitten in ihrer Umsetzung, politischer Druck zu schnellen Neuerungen besteht also nicht. Diese Gelegenheit hat der frühere Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof genutzt und mit einer Expertengruppe einen „Karlsruher Entwurf zur Reform des Einkommenssteuergesetzes“ erarbeitet. Ziel: Das „extrem undurchsichtige deutsche Steuerrecht für jedermann begreifbar zu machen“. In den nächsten Wochen soll der Finanzausschuss des Bundestages darüber diskutieren. Gestern stellte Kirchhof das Konzept der Öffentlichkeit vor.

Die zentralen Elemente erinnern an das Steuermodell der CDU, aber auch an die Ergebnisse der so genannten Bareis-Kommission, die noch unter der alten Regierung an einem Entwurf für eine Steuerreform gebastelt hatte: Neben einem Grundfreibetrag in Höhe von 16.000 Mark für jedes Familienmitglied sieht der Entwurf einen Eingangssteuersatz von 15 Prozent und einen Spitzensatz von 35 Prozent – entsprechend der Besteuerung von Unternehmen – vor. Gleichzeitig sollen alle bisherigen Steuergestaltungsmöglichkeiten, auch Schlupflöcher genannt, abgeschafft werden, inklusive, wie Kirchhof betonte, der Abzugsfähigkeit von Parteispenden. Nur in einem Punkt sind die Experten nicht konsequent: Ausgerechnet das Ehegattensplitting, das viele Regierungspolitiker gerne zumindest einschränken würden, bleibt unangetastet.

Auch die Kosten sind bereits durchkalkuliert. Kirchhof rechnet damit, dass die Reform, wenn sie denn komplett umgesetzt würde, den Staat 12 Milliarden Mark kosten oder andersherum den Einkommenssteuerzahlern netto 12 Milliarden Mark Entlastung bringen würde.

Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel, der im Bundestagsausschuss gern als „alternative Meinung“ gehört wird, begrüßte den Vorschlag als „gute Diskussionsgrundlage“. Zwar sei der Spitzensteuersatz mit 35 Prozent im internationalen Vergleich „viel zu niedrig“. Aber dafür greife der Entwurf mit der Streichung aller Steuervorteile „das alte Ziel, den Einkommenssteuertarif auch auf die effektive Besteuerung durchschlagen zu lassen“ wieder auf.

Er warnte allerdings vor einem undifferenzierten Rundumkahlschlag bei den Spielräumen. Um Steuergerechtigkeit herzustellen, sei es beispielsweise richtig, Spekulationsgewinne ohne zeitliche Befristung oder Zinseinkünfte künftig zu besteuern, wozu dann auch das Bankengeheimnis aufgehoben werden müsse. Anders verhalte es sich jedoch etwa mit der Entfernungspauschale, da die Abwanderung von der Stadt ins Land nicht mehr rückgängig zu machen sei und durch die Abschaffung „unzumutbar massive Belastungen“ für Pendler entstünden. BEATE WILLMS

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