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Schröder besucht das „andere Österreich“

Bei seiner Wienreise Ende Mai nimmt sich der Kanzler viel mehr Zeit für die Opposition als für die rechte Regierung

WIEN taz ■ Wer dieser Tage Vertreter aus Österreichs parlamentarischer und außerparlamentarischer Opposition auf Gerhard Schröders geplanten Wienbesuch anspricht, erhält als Antwort meist ein wortloses, aber umso vielsagenderes breites Grinsen. Spricht man Repräsentanten der Schüssel-Regierung auf selbigen Vorgang an, setzt es galliges Schweigen. Offiziell freilich wollen erstere natürlich nicht triumphieren, letztere sich partout nicht irritiert zeigen.

Erstmals seit Bildung der Rechtsregierung aus konservativer Volkspartei und der Freiheitlichen Partei Jörg Haiders im Februar 2000 wird der deutsche Kanzler Wien besuchen. Schröder hatte auch nach Aufhebung der EU-Sanktionen gegen die Schüssel-Regierung einen Österreichtrip lange wegen „Terminproblemen“ ausgeschlossen und die Einladung seines Amtskollegen erst beim EU-Gipfel in Nizza angenommen. Bei der Terminplanung für den offiziellen Besuch, der am 25. und 26. Mai über die Bühne gehen wird, hat sich das deutsche Kanzleramt gegen die sicheren diplomatischen Parcours entschieden. Stattdessen wird Schröder überaus deutlich seine Distanz zur Wiener Regierung markieren.

Schon am Flughafen soll der Kanzler entgegen aller Gepflogenheiten von Oppositionsführer Alfred Gusenbauer, dem Chef der österreichischen Sozialdemokraten, empfangen werden. Danach geht es zu einem Sommerfest in die Villa des ehemaligen Bundeskanzlers und vor zwölf Jahren verstorbenen SPÖ-Heroen Bruno Kreisky, dem Gusenbauer und Schröder als Ehrengäste beiwohnen werden. Ausgerichtet wird die Party von der „Aktion Kritische Wähler“. Es soll ein rauschendes Fest des „anderen Österreich“ werden.

Während sich das offizielle Österreich weiter gedulden muss, wird Schröder am folgenden Vormittag in der Wohnung des Multimediakünstlers André Heller mit der kritischen Intelligenz, Repräsentanten außerparlamentarischer Bewegungen und Künstlern zusammentreffen. Wer immer bei einer der zahlreichen regierungskritischen Demonstrationen das Wort gegen den Schüssel-Haider-Pakt ergriffen, wer immer einen aufmüpfigen Text verfasst hat, wird in diesen zwei Tagen von Schröder wohl einen Händedruck bekommen. Erst dann wird sich der Kanzler auch zu seinem Amtskollegen bequemen.

Für Schüssel hat Schröder eine halbe Stunde Gesprächstermin reserviert. Treffen mit FPÖ-Politikern sind nicht geplant. Allenfalls beim anschließenden Mittagessen ist zu erwarten, dass Regierungschef Schüssel seine Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (FPÖ) mitbringen wird. Schröder werde ihr in diesem Fall immerhin die Hand geben, „er ist ja ein höflicher Mensch“, ist aus SPD-Kreisen zu hören.

Der außenpolitische Sprecher der CSU, Christian Schmidt, schimpfte gestern trotzdem: „Die erneute Brüskierung unseres Nachbarn Österreich durch Bundeskanzler Schröder ist unerhört.“ ROBERT MISIK

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