Nun muss der Bundestag ran

US-Richterin Kram weist Sammelklagen gegen deutsche Banken ab. Parlament könnte jetzt Rechtssicherheit feststellen. Dann könnten Auszahlungen an die Zwangsarbeiter beginnen

BERLIN taz ■ „Ein Quantensprung.“ So hat der Rechtsexperte der Bündnisgrünen im Bundestag, Volker Beck, die Entscheidung der New Yorker Richterin Shirley Kram kommentiert, die Sammelklagen von NS-Zwangsarbeitern gegen deutsche Banken abzuweisen. Damit rückt eine Auszahlung der zehn Milliarden Mark nahe, die die Bundesregierung und die Wirtschaft als Entschädigung zugesagt haben.

Allerdings gibt es immer noch ein Hindernis: Die Wirtschaft fordert, dass zuvor alle „relevanten Klagen“ gegen deutsche Unternehmen abgewiesen werden. Zwar sind mit der Entscheidung von New York nun alle wesentlichen Sammelklagen vor Gericht gescheitert. Es gibt aber noch knapp zwei Dutzend Einzelklagen gegen deutsche Unternehmen. Der Sprecher der Stiftungsinitiative der Wirtschaft, Wolfgang Gibowski, wollte gestern nicht sagen, welche dieser Verfahren er zu den „relevanten Klagen“ zählt. Die deutsche Wirtschaft will nur zahlen, wenn sie glaubt, nicht mehr durch die Entscheidungen bei den Einzelklagen zu mehr Zahlungen verdonnert werden zu können. „Rechtssicherheit“ wird dies genannt.

Der SPD-Vertreter im Kuratorium der Zwangsarbeiterstiftung, Bernd Reuter, verlangte, der Bundestag solle nun sofort die „Rechtssicherheit“ feststellen. Beck sagte, er strebe eine Auszahlung der Gelder schon im August an: entweder durch eine Erklärung des Parlaments, dass eine ausreichende Rechtssicherheit gegeben sei, oder durch eine Änderung des Entschädigungsgesetzes mit dem Ziel, die Auszahlung von der Bedingung „Rechtssicherheit“ abzukoppeln. Das kann dauern. Deshalb reagierte Stefan Kozlowski vom Verband der ehemaligen politischen KZ-Gefangenen zunächst zurückhaltend auf die Entscheidung Krams: „Das ist noch nicht das Ende der Angelegenheit“, sagte er. GES

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