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Nur ein kurzer Blick zurück

Diepgen holt auf dem CDU-Parteitag zum Rundumschlag gegen SPD und PDS aus. Strieder solle nicht weiter an der Koalition zündeln und einen Sieg der Kommunisten verhindern. Gysi solle nicht nur lamentieren. Landowsky sitzt daneben und weint

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Auf dem 22. Landesparteitag der Berliner CDU hat der Regierende Bürgermeister und Parteichef Eberhard Diepgen gestern nur einmal neben sich geblickt. Da saß, kurz vor seinem Rücktritt, Klaus Landowsky und hatte Tränen in den Augen, als Diepgen dessen Abschied von der Fraktionsspitze thematisierte. Doch Diepgen wollte auf dem Landesparteitag nur kurz zurückschauen. Ging es doch für den CDU-Landesvorsitzenden darum, alleinige Führungsstärke auch ohne den scheidenden „Paten“ zu beweisen.

Die Strategie für die CDU in den kommenden Jahren – bis zur Abgeordnetenhauswahl 2004 – soll darum von Sachthemen und der Profilierung gegenüber der SPD geprägt sein.

Im Zentrum der Arbeit, so Diepgen, stehe daher die „Konsolidierung des Haushalts“, die Forcierung der Wirtschaftspolitik und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Nur mit der CDU, sagte der Regierende Bürgermeister, könne „die Modernisierung der Stadt ohne soziale Kälte“ fortgesetzt werden. Diepgen ließ dabei offen, ob Investitionen nicht auch mit dem Mittel der Nettoneuverschuldung angeschoben werden müssten: „Sparen ist nicht alles, es geht um die Zukunftsfähigkeit und Lebensqualität in unserer Stadt.“

Scharf reagierte der CDU-Landesvorsitzende auf die derzeitige „Blockadepolitik“ der SPD und deren Liebäugeln mit den Grünen und der PDS. Um die Handlungsfähigkeit Berlins zu gewährleisten, müsse die SPD die Beschlüsse und Lösungsansätze der CDU zur Bühnenreform, zur Hochschul- und Wissenschaftspolitik und zur inneren Sicherheit, wie etwa für den 1. Mai, mittragen.

Die Bundes-SPD forderte er auf, den Hauptstadtkulturvertrag und den Länderfinanzausgleich zur Sicherung der Berliner Institutionen abzuschließen. Diepgen warnte SPD-Chef Peter Strieder davor, weiter an der großen Koalition zu „zündeln“. Strieder müsse den Wählerauftrag bis 2004 ernst nehmen und müsse dafür Sorge tragen, dass nicht mit der PDS „ein später Sieg der Kommunisten“ die Zukunft Berlins gefährde.

Vor diesen hat der CDU-Landeschef wohl immer noch die größte Angst – auch elf Jahre nach dem Fall der Mauer und dem Sieg des Kapitalismus. Es sei „unvorstellbar“, wenn „SED-Epigonen in Berlin zur Macht kämen“ und deren Symbol, Gregor Gysi, Regierender Bürgermeister würde. Gysi solle nicht auf Talkshows auftreten und reden, „nicht lamentieren, sondern kandidieren“, erklärte Diepgen. Mit diesem Gegenkandidaten werde der Stadt ersichtlich, „dass die CDU in Berlin unverzichtbar ist“. Mit einem Gegenkandiadaten Strieder rechnet Eberhard Diepgen wohl für die Zukunft auch nicht mehr.

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