: frédéric beigbeder
Zur Person
Nach dem Erscheinen von Frédéric Beigbeders Romans „99 Francs“ im vergangenen Sommer bei Grasset ging ein Ruck durch ganz Frankreich. „39.90“, so Preis und deutscher Titel des Buches (ab heute bei Rowohlt), ist ein Enthüllungsroman über die mächtige Welt der Werbung und den „Dritten Weltkrieg der Marken gegen die Menschheit“.
Die Idee zu dem Roman, der sich in Frankreich schon über 350.000 Mal verkauft hat und verfilmt werden soll, hatte Michel Houellebecq. Er riet Beigbeder, über das wahre Zentrum der Macht auf dieser Welt zu schreiben: die Werbung. Ein Metier, in dem sich Frédéric Beigbeder gut auskennt – er arbeitete seit 1995 als „Konzeptredakteur“ für eine renommierte Werbeagentur. In seinem Erfolgsroman beschreibt er seinen eigenen Fall: Auch sein Held Octave Parango muss für die geldgeilen und gewissenlosen Industriemagnaten Slogans schreiben, die der Verbraucher besser zitieren kann als die zehn Gebote. Dafür kassiert er 13.000 Euro im Monat und kann sich jeden Tag Kokain, Sex und eine gequälte, zynische Langeweile leisten. Weil er davon die Nase voll hat, schreibt er einen Roman und stochert in dem Sumpf aus Menschenverachtung, Manipulation und Debilität, aus Drogen-, Sex- und Konsumexzessen herum, in dem die Werber und ihre Auftraggeber versinken. Sein erklärtes Ziel dabei ist es, gefeuert zu werden und eine hohe Abfindung zu kassieren. Der Plan misslingt: Octave wird für seine „Originalität“ zum Kreativdirektor ernannt. Beim Dreh eines Werbespots in Miami erschlägt er mit zwei Freunden eine Millionärswitwe. Der Spot gewinnt noch beim Werbefilmfestival in Cannes den ersten Preis – erst dann kann sich Octave von seinen Peinigern befreien, um im Gefängnis zu landen.
Wie auch Houellebecq beklagt Beigbeder die neoliberale Pervertierung der Demokratie und die Kapitulation der Politik vor der Wirtschaft. In einem im Nouvel Observateur erschienenen Pamphlet kündigte Michel Houellebecq seinem Kumpel Schützenhilfe in diesem „Kampf auf Leben und Tod“ an.
Im Gegensatz zu Octave hat Frédéric Beigbeder für seine Abrechnung mit der verhassten Branche das bekommen, was er wollte: Seine Agentur konnte sich auf ungeklärte Weise vor Erscheinen des Romans das Manuskript beschaffen und kündigte dem Nestbeschmutzer fristlos. Allerdings ohne einen Sous Abfindung zu bezahlen. Die klagt Beigbeder jetzt ein. UH
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