DIE TAKTIK DER INTERNATIONALEN GEMEINSCHAFT GEHT IN MAKEDONIEN AUF
: Zum Kompromiss gezwungen

Zuerst sah es in dem Konflikt in Makedonien danach aus, als würde die internationale Gemeinschaft den Krieg befördern. Die einseitigen Stellungnahmen zu Gunsten der makedonischen Regierung und die Waffenhilfe für Armee und Polizei ließen befürchten, dass die makedonisch-slawischen Nationalisten grünes Licht für eine grundsätzliche „Abrechnung“ mit der albanischen Minderheit erhalten hätten.

Doch die internationale Diplomatie der letzten Tage hat sich tatsächlich um eine Balance bemüht. Ihr Druck richtete sich auch gegen die slawisch-makedonischen Parteien. Ziel: ein Kabinett der nationalen Einheit, wie es nun wohl gebildet wird. Denn in ihm sind alle wichtigen politischen Parteien der slawischen und albanischen Makedonier (außer der UÇK) zu Kompromissen gezwungen. Wichtig ist vor allem, dass nach dem Konzept der internationalen Gemeinschaft auch internationale Standards im Verhältnis des Staates zu Minderheiten und Bürgerrechten nicht nur auf dem Papier stehen, sondern in die Wirklichkeit umgesetzt werden.

Das tut der slawisch-makedonischen Seite weh, denn sie muss die nationalistisch-antialbanische Mobilisierung zurücknehmen. Indem die Armee nun auch gezwungen wurde, ihre zerstörerischen Bombardements der Grenzdörfer zum Kosovo zu stoppen, wird auch der UÇK die Möglichkeit gegeben, ihrerseits einen Waffenstillstand auszurufen. Es besteht erstmals wirklich die Hoffnung auf eine Beendigung des Konflikts, da es, dank der internationalen Vermittlung, Pläne für einen Abzug der UÇK und eine Amnestie für ihre Kämpfer gibt.

Es liegt jetzt nicht mehr allein bei den Albanern, sondern auch und vor allem bei den slawischen Makedoniern: Bewegen sie sich in die richtige Richtung, erkennen sie also die Bürger- und Minderheitenrechte der Albaner im Staate an, wird der Krieg, so weit die Aussagen der UÇK und der albanischen Parteien glaubwürdig sind, beendet sein. Bleiben die slawischen Makedonier aber bei ihrer starren Haltung, tragen sie Verantwortung für den Fortgang des Krieges. ERICH RATHFELDER