piwik no script img

ISRAELS REGIERUNG MACHT UNMÖGLICHES MÖGLICHBrachialgewalt statt Politik

„Was soll Scharon schon machen?“, hatten linke Israelis vor der Wahl rhetorisch gefragt. „Letztendlich bleibt ihm doch nichts anderes übrig, als den Friedensprozess fortzusetzen.“ Dass Israel erneut im Gaza-Streifen einmarschieren könnte, schien damals undenkbar. Doch innerhalb weniger Monate ist das Undenkbare nicht nur denkbar geworden, sondern geradezu alltäglich. Und die Welt hat sich daran gewöhnt.

Als Israels Armee Mitte April in den Gaza-Streifen einmarschierte, war die internationale Reaktion noch heftig. Wenn heute Israels Soldaten Gaza oder Teile des Westjordanlands besetzen, dann steht die Meldung auf den hinteren Seiten der Zeitungen – es mag ja ohnehin niemand mehr lesen. Beide Seiten verweisen unermüdlich auf den Terror und die mangelnde Gesprächsbereitschaft des jeweils anderen. Dabei drohen die Maßstäbe verloren zu gehen: Knapp 80 Israelis sind seit Beginn der Al-Aksa-Intifada umgebracht worden – und etwa 400 Palästinenser. Zwar beschießen Palästinenser immer wieder israelische Orte – aber ohne größere Schäden. Die Israelis dagegen haben ganze Stadtviertel verwüstet.

Gegenüber der Weltöffentlichkeit setzt Premierminister Scharon auf den Ermüdungseffekt. Und unter dem Eindruck des Konflikts folgt die israelische Gesellschaft ihrem Premier immer weiter nach rechts. Bei den Palästinensern ist es genau umgekehrt: Je länger der Konflikt dauert, desto geringer fällt die Unterstützung für Autonomiepräsident Arafat aus; desto ausgeprägter wird die Bereitschaft, irgendeinen grässlichen Akt zu vollbringen, um die Aufmerksamkeit wieder auf den Konflikt zu lenken – wie letzte Woche, als Palästinenser zwei israelische Jugendliche barbarisch umbrachten.

Das alltäglich gewordene Schlachtgetümmel droht dabei den Blick auf die Tatsache zu verstellen, dass es politische Vorschläge für eine Lösung der Krise gibt. Es gibt einen ägyptisch-jordanischen Friedensplan, und es gibt Vorschläge der internationalen Mitchell-Kommission. Beiden Initiativen stehen die Palästinenser positiv gegenüber. Israel hingegen mauert. ANTJE BAUER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen