Mit Raketen gegen ein Auto

Israelischer Angriff auf einen Fatah-Aktivisten in Gaza. Stellvertreter von Arafat fliegt zu Gesprächen nach Washington

JERUSALEM/GAZA AP/dpa ■ Nach einem Angriff israelischer Kampfhubschrauber auf das Auto eines Fatah-Mitglieds haben Vertreter der Palästinenser Israel am Sonntag Kriegsverbrechen vorgeworfen. Bei dem Angriff vom Samstag und ähnlichen Aktionen in der Vergangenheit handele es sich um Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren. Die israelische Regierung wies die Vorwürfe zurück. Bei dem Angriff wurden das Fatah-Mitglied und ein palästinensischer Polizist getötet, 17 Menschen wurden verletzt, darunter viele Schüler. Der israelische Wissenschaftsminister Matan Vilnai nannte die gezielte Tötung bestimmter Personen legal. Es handele sich nicht um Morde; betroffen seien Personen, die Angriffe auf Israel ausführten oder planten. „Wenn auf dich geschossen wird, und du schießt zurück, ist das Selbstverteidigung. Wenn du das nun zehn Minuten früher tust, ist das dann etwa keine Selbstverteidigung?“

Das Auto war in Dschenin vor dem Hauptsitz der palästinensischen Sicherheitsbehörde geparkt, als mindestens fünf Raketen einschlugen. In dem Fahrzeug starb der 26-jährige Mutasem Sabaa; ein palästinensischer Polizist wurde von Splittern in den Kopf getroffen und erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen. Nach Angaben von Augenzeugen verfehlte die erste Rakete das Auto Sabaas. Drei Freunde Sabaas saßen ebenfalls im Fahrzeug. Sie flüchteten, bevor die nächste Rakete einschlug. Unter ihnen war auch Abdel Karim Awais, dem der Angriff offenbar eigentlich galt. Er ist nach Angaben der Fatah-Bewegung Kommandeur einer Einheit der Tansim-Organisation, Sabaa leitete eine Kampfgruppe.

Südlich von Gaza beschossen israelische Panzer am Samstag ein palästinensisches Flüchtlingslager. Dabei wurde ein Palästinenser getötet. Acht weitere Menschen wurden verletzt, davon zwei schwer. Von Seiten der israelischen Streitkräfte hieß es, vor dem Panzerangriff seien israelische Soldaten von palästinensischen Polizeistellungen in dem Lager unter Feuer genommen worden. In Gaza wurde unterdessen Abdel Aziz Rantizi, ein Führungsmitglied der muslimischen Gruppe Hamas, aus dem Gefängnis entlassen. Er befand sich seit einer Woche in Haft, weil er die Politik der palästinensischen Autonomiebehörde kritisiert hatte.

Machmud Abbas, Stellvertreter von Palästinenserpräsident Jassir Arafat, flog am Sonntag zu Gesprächen mit US-Außenminister Colin Powell in die USA. Auch der ehemalige Chefunterhändler der Palästinenser, Saeb Erekat, wurde am Sonntag in den USA erwartet, wo er mit UN-Generalsekretär Kofi Annan zusammentreffen wird. Der PLO-Vertreter in Washington, Hassan Abdel Rahman, erklärte, die palästinensische Seite hoffe, dass das Treffen zu einer Einladung Arafats ins Weiße Haus führen wird. Präsident George W. Bush hat sich bislang noch nicht mit Arafat getroffen.