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Schwelender Asbest-Streit geht weiter

■ Mitarbeiter des Bauordnungsamtes lassen sich ihren Verdacht nicht nehmen: Im zukünftigen Arbeitsplatz Siemenshochhaus lauern Gesundheitsrisiken

Ist doch alles ganz normal. Zechbau „renoviert“ das Siemenshochhaus und reißt zu diesem Zweck dessen Innenleben auseinander – auch wenn Asbestgerüchte in der Luft liegen. „Wir werden diese Behauptungen nicht prüfen, weil wir schon längst geprüft haben,“ erklärt der genervte Sprecher der Bausenatorin, Holger Bruns. Und liefert ein mögliches Motiv für das Asbestgemunkel: „Es ist bekannt, dass einige Teile des Bauordnungsamtes sich sträuben, ihr altes Gebäude in der Langenstraße zu verlassen.“ Die Vermutungen seien haltlos, das habe ein Gutachten ergeben.

Das sieht Artur Lau vom Amt für Stadtplanung und Bauordnung anders: Das Bauaufsichtsamt hatte 1963, als man noch ein unproblematisches Verhältnis zu Asbest hatte, im Nachtrag zur Bauerlaubnis verlangt, „dass die Fuge zwischen den Betondecken mit Spritzasbest ausgefüllt werden muss“. Auch das Institut für Materialprüfung des TÜV Hannover hatte noch 1993 Asbest, unter anderem in den Zuluftrohren, geortet, das bei baulichen Änderungen „entsprechend fachgerecht entsorgt werden“ sollte. Solch eine fachgerechte Asbestentsorgung wäre durch die erforderlichen Schutzmaßnahmen nicht nur entsprechend langwierig sondern auch teuer.

Das derzeitige Genehmigungsverfahren läuft indes nicht über das Bauordnungsamt, sondern die Gewerbeaufsicht. Es wird nur „renoviert“ und dafür braucht es keinen Bauantrag. Selbst wenn Zechbau, Träger der Maßnahme, in seinem Bauprospekt ankündigt, dass „Zwischenwände, Fußböden und Elektroinstallationen“ herausgerissen werden.

Für den Sprecher der Bausenatorin ein völlig normaler Vorgang: „In der Innenstadt hat auch grade eine italienische Firma auf diesem Weg die Kaufhalle komplett umgestaltet. Da muss man nix Großes von machen.“ Ein Kollege Laus sieht allerdings erhebliche Mängel in der Art wie mit den Risiken des Hochhauses umgegangen werde, ein Baugenehmigungs- und Zustimungsverfahren sei schon aus diesem Grund „dringend geboten“. Das ist nicht in Sicht, wie Wilfried Heidrich, zukünftiger Leiter des Bauordnungsamtes, bestätigt. „Es gibt keine neue Lage.“

Artur Lau moniert, dass für die Nutzungsänderung eine Baugenehmigung hätte erteilt werden müssen. Schließlich sei der Umzug seines Amtes in das Siemens-Haus eine Änderung des Nutzungscharakters. „Zur Siemens-Zeit gab es dort nur Büroräume, aber wenn wir zum Beispiel mit unserer Modellwerkstatt, beziehungweise dem großen Bremen-Modell dort hinziehen, sind das ja keine Büros mehr.“ Für dieses Ansinnen bekommt er von seinem Chef, Detlef Kniemeyer, keine Rückendeckung. Der scheint nicht glücklich über die regen Umtriebe seines Mitarbeiters. Er hält die Frage der Asbest-belastung durch das jüngste Gutachten für hinlänglich geklärt. „Von einer Gefährdung der neuen Nutzer kann nicht gesprochen werden“, erklärte Kniemeyer vor kurzem.

Dass kein Asbest der Welt den MitarbeiterInnen des Amtes die Gesundheit ruiniere, hat sich Bausenatorin Tine Wischer (SPD) höchstpersönlich auf die Fahnen geschrieben. „Die Senatorin hat im Gespräch gesagt, dass die Vermutungen geprüft werden sollen. Und wenn da was dran ist, wird das Bauordnungsamt dort nicht einziehen“, frohlockt Artur Lau. Ja, selbstverständlich werde man dafür sorgen, dass die Mitarbeiter nicht in gesundheitsschädigenden Räumen untergebracht würden, so auch Sprecher Bruns. Die Vermutungen würden aber nicht neu aufgerollt. Ein für Siemens erstelltes Gutachten bescheinigt ebenfalls, dass kein Spritzasbest verfüllt wurde. Es fänden sich aber sowohl stark als auch schwach gebundene asbesthaltige Produkte im Hochhaus.

Julia Kammigan

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