piwik no script img

Tschechisches AKW spaltet Bayern

Bayerische Kommunen sollen Stromverträge mit Eon kündigen. Das fordern ÖDP und Bauernverband. Grund: Der Konzern beziehe Strom aus dem tschechischen Pannenreaktor Temelín. Eon tut dies als „parteipolitisches Süppchen“ der ÖDP ab

aus Gunzenhausen/München KLAUS WITTMANN

Mit einer Reihe von Bürgerbegehren will die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) verschiedene bayerische Stadtwerke zwingen, Stromverträge mit dem größten deutschen Energieversorger, der Eon AG, aufzukündigen. Grund dafür, so die ÖDP, sei der Bezug von Strom aus dem tschechischen Pannenreaktor Temelín. In acht bayerischen Städten wurden laut ÖDP-Landesgeschäftsführer Urban Mangold bereits Bürgerbegehren gestartet, darunter in Passau, Würzburg und im fränkischen Gunzenhausen. Nürnberg und München sollen in Kürze folgen.

Die Stadtwerkechefs in den betroffenen Städten sind in einer verzwickten Lage. Einerseits erkennt man, dass das Image des tschechischen Stromkonzerns CEZ durch die Pannen in Temelín angeschlagen ist, zum anderen bangen die Kommunen um den günstigen Strom.

Wie groß der Zwiespalt ist, wird am Fall der mittelfränkischen Stadt Gunzenhausen deutlich. Dort war die Ratsmehrheit gegen eine Kündigung der Stromverträge – dennoch kommt es am 27. Mai zum Bürgerentscheid. Der CSU in Bayern ist bei der ganzen Sache offenbar auch nicht wohl. Generalsekretär Thomas Goppel hat der Eon bereits geraten, auf Stromimporte aus Tschechien zu verzichten. CSU-Sprecherin Dorothee Erpenstein tat freilich diese Äußerungen des Generals umgehend als „Randbemerkung“ ab. Jetzt kommt auch noch aus der Bauernschaft Gegenwind für den Stromkonzern. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hat den Bayerischen Bauernverband (BBV) und die einflussreiche Kooperative „Maschinenring“ aufgefordert, „ihre Verträge mit Eon schnellstmöglich zu kündigen, sollte Eon nicht bereit sein, auf den Import des billigen, aber auch für weite Teile Bayerns sehr gefährlichen Temelín-Stroms zu verzichten“, so AbL-Vorstand Sepp Bichler. Vor allem in Ostbayern regt sich massive Kritik gegen das tschechische AKW. Die Landwirte fürchten nämlich, dass bei einem GAU in Temelín die Landbewirtschaftung auf Jahrhunderte oder länger unmöglich werde. „Unsere Sorgen haben wir der Eon mitgeteilt, aber wir werden nicht aussteigen. Schließlich bieten wir mit dem Energieversorger zusammen unseren Landwirten auch Ökostrom an“, erklärt der Energieexperte des BBV, Franz Vielhuber.

Bei Eon versteht man den ganzen Wirbel nicht. Auf Anfrage meinte ein Sprecher, das sei alles nur ein „parteipolitisches Süppchen“ der ÖDP, die öffentlichkeitswirksam die Geschichte vom kleinen David gegen den großen Goliath spiele. „Kein Mensch bezieht Strom aus Temelín, weil dort noch gar kein Strom produziert wird“, sagte der Sprecher. Man habe zur CEZ gute Beziehungen. Jährlich würden die Tschechen etwa 12 Milliarden Kilowattstunden exportieren, davon beziehe Eon drei Milliarden. Grundsätzlich decke man mit tschechischem Strom nur Mittel- und Spitzenlasten ab, die über den Grundbedarf hinausgingen. „Kernkraftwerke erzeugen aber Grundlaststrom, alleine schon deshalb passen die Stromprofile nicht zusammen.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen