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Pannenserie im AKW Cattenom

Das Notkühlsystem versagt, radioaktiver Dampf tritt aus, Kühlwasser wird verstrahlt und Brennelemente werden beschädigt: Seit Ende letzten Jahres geht es laut offiziellen Daten im umstrittenen französischen AKW Cattenom drunter und drüber

BERLIN/BASEL taz ■ Während Umweltschützer besorgt auf das AKW Temelin in Tschechien blicken, hat unbemerkt von der Öffentlichkeit der umstrittene Atommeiler im französischen Cattenom über die vergangenen sechs Monate eine gravierende Pannenserie produziert. Bereits im Dezember 2000 meldete die Betreiberfirma Eletricité de France (EdF) Probleme am Notkühlsystem bei fünf französischen Reaktoren, unter ihnen Cattenom. Bei Überprüfungen hatten motorbetriebene Sicherheitsventile versagt, die den Reaktorkern von der Außenwelt abschließen und die Notkühlsysteme betreiben. Ein Störfall in diesem Zustand hätte zur Kernschmelze und damit zum GAU führen können.

Die Sicherheitssysteme, die jetzt versagten, treten etwa bei einem Leck im Kühlwassersystem in Aktion, um ein Überhitzen und Schmelzen des Reaktors zu verhindern. Druckwasserreaktoren wie Cattenom werden im Notfall gekühlt, indem aus dem Leck ausgetretenes Wasser gesammelt und in den Reaktor zurückgeführt wird. Genau diese so genannte Rezirkulations-Funktion war aber nicht mehr gewährleistet. Die EdF stufte den Vorfall auf der Sicherheitsskala INES von 0 bis 7 als 1 ein – als „Überschreitung der autorisierten Betriebsbedingungen“. Die französische Atomaufsicht DSIN dagegen, nicht gerade bekannt für Alarmismus, bewertete den Vorfall mit INES 2: „Wesentliches Versagen von Sicherheitssystemen“. Das ist das gleiche Niveau wie die Probleme beim AKW Blayais im Dezember 1999, als ein Sturm Teile des Reaktors überflutete und das Kühlwassersystem lahmlegte. Nur zwei Kühlpumpen und ein Dieselgenerator retteten damals den Reaktor bei Bordeaux vor Überhitzung.

Das AKW Cattenom liegt mit seinen vier Blöcken nahe an der deutschen und luxemburgischen Grenze. In den Achtzigerjahren war gegen seinen Bau heftig protestiert worden. Die Pannenserie im Reaktor ging auch in diesem Jahr weiter. Am 27. Januar legte EdF den Rekator für die Zehn-Jahres-Inspektion still. Dabei stellte sich nach Informationen der kritischen Energieagentur WISE heraus, dass der Primärkreislauf zur Kühlung des Reaktors stark verstrahlt war. Statt einen Tag wie normalerweise dauerte die Filterung des Kühlwassers drei Wochen.

Am 1. Februar wiederum wurde in Cattenom Alarm gegeben, weil radioaktives Gas unkontrolliert an die Umwelt abgegeben worden war. Nach drei Minuten war der Vorfall beeendet. Nach EdF-Angaben hielt er sich innerhalb der erlaubten Grenzen und wurde daher mit 0 auf der INES-Skala angegeben.

Mitte April schließlich meldete EdF an die französische Atomaufsicht Probleme mit den Brennelementen: Von den 193 Elementen, die in den Reaktor eingeführt werden, wurden nach offiziellen Angaben 38 beschädigt. Die offizielle Erklärung dafür war, dass sich die Stäbe bei der Reibung aneinander beschädigt hatten – „allerdings sind die Stäbe nicht dazu gedacht, bewegt zu werden“, so WISE.

Geradezu harmlos nimmt sich dagegen ein Vorfall in Cattenom vom 2. März aus. 131 Arbeiter mussten nach einem Strahlen-Alarm den Reaktorblock 3 verlassen. Der Grund für die erhöhte Strahlung war nach EdF-Angaben nicht der Reaktor – sondern natürliche Radioaktivität im Sand, mit dem im Reaktorgebäude Sandstrahlarbeiten ausgeführt wurden. BPO/FP

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