: Die UNO überdenkt ihre Irak-Politik
Mit „intelligenten Sanktionen“ soll die Versorgung der Bevölkerung verbessert werden. Waffenembargo bleibt
NEW YORK/BERLIN ap/taz ■ Elf Jahre nach der irakischen Invasion in Kuwait wollen die Vereinten Nationen ihre festgefahrene Politik gegenüber Bagdad erneuern. Eine britische Initiative zur weitgehenden Lockerung der Wirtschaftssanktionen fand am Mittwochabend die Zustimmung Frankreichs, Russlands und Chinas. Auch die USA signalisierten ihre Kompromissbereitschaft. Bislang gehörte Großbritannien zusammen mit den USA zu den entschiedenen Gegnern einer Lockerung der UN-Sanktionen.
Der britische Plan sieht vor, dass zivile Güter wieder ohne Einschränkungen nach Irak exportiert werden dürfen. Auch der Luftverkehr soll in beiden Richtungen wieder möglich sein, wobei zunächst noch Kontrollen auf den Startflughäfen vorgesehen sind. Das Waffenembargo soll hingegen weiter aufrechterhalten werden, wie ein britischer Diplomat in New York mitteilte. „Wir erlauben alles Zivile, wir erlauben nichts Militärisches“, sagte der Diplomat.
Der Vorschlag soll in den Entwurf für eine neue Irak-Resolution aufgenommen werden. Dabei werde angestrebt, den Entwurf gemeinsam mit den USA im Sicherheitsrat einzubringen, erklärte der britische Diplomat. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Richard Boucher, sagte, die Konsultationen über die Irak-Politik seien in ein zunehmend konkretes Stadium eingetreten. Ziel sei es, das irakische Bedrohungspotenzial zu kontrollieren und gleichzeitig die Versorgung der irakischen Bevölkerung mit zivilen Gütern zu verbessern.
Zur Importkontrolle soll eine Liste mit militärisch relevanten Gütern erstellt werden. Wie umfangreich diese Liste ausfallen wird, ist nicht bekannt. Außerdem sind strengere Grenzkontrollen geplant.
Seit 1996 darf Irak eine begrenzte Menge Öl exportieren und im Gegenzug Lebensmittel, Medikamente und andere humanitäre Güter einführen. Dieses jeweils halbjährlich bewilligte Programm läuft am 3. Juni aus. Die Briten streben eine Einarbeitung ihres Vorschlags in die Verlängerung des Programms an. Es soll wie bisher alle sechs Monate verlängert werden.
Im Sicherheitsrat treten Russland, China und Frankreich schon seit mehreren Jahren für eine Lockerung der Wirtschaftssanktionen ein, die nach der irakischen Invasion in Kuwait im August 1990 verhängt worden waren. Iraks Nachbarn Türkei, Syrien und Jordanien haben sich wiederholt besorgt über die Auswirkungen der Sanktionen auf ihre Wirtschaft geäußert.
Die irakische Regierung hat die Türkei und Jordanien bereits aufgefordert, nicht mit dem Programm der so genannten intelligenten Sanktionen zu kooperieren. Andernfalls würden die beiden Länder kein irakisches Erdöl mehr erhalten, drohte Bagdad.
Die neue Regelung stellt eine Umkehr der bisherigen Sanktionspolitik dar. Bislang durfte nichts importiert werden, was nicht ausdrücklich von der UNO erlaubt wurde. Künftig – sollte der Resolutionsenwurf verabschiedet werden – darf alles importiert werden, was nicht ausdrücklich verboten ist. B.S.
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