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Graue Hallen – grüne Wiese

■ Eine Tour durch die Hemelinger und Arberger Marsch demonstriert, wieviele Industriebrachen noch zu nutzen wären und wieviel Natur zu zerstören ist

„Alles neu macht der Mai und am besten auf der grünen Wiese“, sagt ein Grüner. Klaus Möhle, Vorstandsprecher der Bremer Grünen und Mitglied der Baudeputation meint damit aber nichts, was Spaß macht, sondern zitiert die Meinung der großen Bauherren im Senat. Nach Möhles Einschätzung scheint der Senat im Falle der Gewerbegebiete Hemelinger und Arberger Marsch zu denken, dass der Neubau von Gewerbegebieten billiger sei als bereits erschlossene Fläche zu nutzen.

Ganz anderer Meinung sind dagegen die Bürgerinitiative „Erhaltung der Wesermarsch im Bremer Osten“ und das Bremer Forum für Wohn- und Lebensqualität. Gemeinsam luden sie am Samstag zu einer sportlichen Radtour unter dem Motto: „Brachen nutzen statt Natur zu zerstören“.

Weißblaue Wölkchen, angenehme Temperatur – ideales Radelwetter. Los ging's über Stock und Stein. Vögel sangen, Hecken blühten, idyllische Landschaft. Nur gestört von einer Eisenbahnlinie, die noch erweitert werden soll. Der ers-te Stopp. Nicht zum Ausruhen gedacht, sondern zur Denkaufgabe genutzt, angeregt von der Bürgerinitiative: „Der Senat redet immer von Wirtschaftswachstum und Zuwanderung. Aber wer möchte hier leben, mit vier Bahngleisen, der Einflugschneise und der geplanten Straßentrasse, bei einem Grundstückspreis von einer Million Mark?“ Kopfschüttelnde Radfahrer, zustimmendes Nicken.

Und weiter. Ein nächster Stopp. Eine grauer Boden, schön gepflas-tert. Kein Mensch ist zu sehen, der Platz wird von drei grauen, flachen Häusern gerahmt. „Das ist typisch für den Bremer Osten“, erklärt Karl-Heinz Marzahn von der Bürgerini. „Hier wird nichts produziert, das sind oft nur Lagerhallen“.

Weiter. Die Gruppe Radler hält an einer Industriebrache. Zerbrochene Fensterscheiben, Schutt und Müll, die Tür steht offen. Das Gebäude befindet sich in der Nähe des Weserparks – eigentlich eine gute Lage. Aber die Halle steht seit zehn Jahren leer, wissen die Anwohner. Nur Kids nutzen sie, für eine Skaterbahn. Für Lehrer Wolfram Lohße ist das ein klassischer Fall von Subventionshilfe aus den 70er Jahren: „Aufgebaut mit Steuergeldern, fallen gelassen – die Brache bleibt zurück, auf Kosten der Steuerzahler.“ Sein Ini-Kollege Marzahn findet: „Wir brauchen eine Industrie, die komprimiert baut. Es müssen keine Bungalows sein, Chips können auch im zehnten Stock produziert werden.“

Laut Schätzungen der Bürgerinitiative liegen rund 120 Hektar Industrieflächen im Bremer Osten brach. Genaue Zahlen liegen nicht vor.

Die 30 Radler fahren eine halbe Stunde durch die Industriegebiete, vorbei an langen, grauen Hallen – einige genutzt, zahlreiche Leerstände. Dann der Kontrast.

Das Grüppchen erreicht das Marschland. Bäume im ersten, saftigen Frühlingsgrün. Weißdorn – der Marschlandstrauch überhaupt – beherrscht das Bild. Vögel, Mücken, Flügelgetier. Am Horizont die Silhouetten der Arberger Kirche und Mühle – Idylle pur. Eine Stunde dauert die Fahrt durch die grüne Pracht. „Stellt euch vor“, sagt Wolf-ram Lohße, „stellt euch vor, all diese Natur würde Industriegebiet.“

Das Programm der Neubaugeg-ner hat gewirkt.

Sandra Voß

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