ERMORDUNG KABILAS: KONGO PRÄSENTIERT SICH MAL WIEDER ALS OPFER: Wer ist schuld? Die anderen natürlich
Mit Wahrheit hat das nichts zu tun, was die Regierung der Demokratischen Republik Kongo jetzt an Untersuchungsergebnissen über die Ermordung ihres einstigen Präsidenten Laurent-Désiré Kabila vorgelegt hat. Wenn es wahr wäre, dass Kongos Rebellen sowie Ruanda und Uganda für das Attentat vom 16. Januar verantwortlich sind, dann müsste der innerste Machtzirkel von Kinshasa in einem Maße von außen infiltriert sein, dass das Kabila-Regime schon längst zusammengebrochen wäre. Sämtliche Indizien deuten stattdessen vielmehr auf erbitterte Machtkämpfe zwischen rivalisierenden Flügeln innerhalb der Staatsführung hin, an denen die Verbündeten Kabilas – Angola, Namibia, Simbabwe – beteiligt waren.
Der neue Untersuchungsbericht aus Kinshasa hat andere Ziele als die Wahrheit. Das Umfeld des jungen Präsidenten Joseph Kabila verfolgt beharrlich die diplomatische Strategie, sich selbst immer ins günstige Licht zu rücken und alle Schandtaten der anderen Seite zuzuschreiben. Kongos natürliche Ressourcen werden ausgeplündert? Ruanda, Uganda und die Rebellen sind schuld. 2,5 Millionen Kongolesen sind an den Folgen des Krieges gestorben? Ruanda, Uganda und die Rebellen sind schuld. Präsident Kabila wurde ermordet? Ruanda, Uganda und die Rebellen sind schuld. Die Regierung ist immer das Opfer, nie der Täter. Implizit darin ist die Gleichsetzung der Regierung mit dem Volk und davon abgeleitet die Folgerung, um den Kongo-Krieg zu beenden, müsse die Welt der Regierung helfen.
Die UNO ist dieser perfiden Logik zuweilen gefährlich weit gefolgt. Aber im Mordfall Laurent Kabila könnte diese Strategie scheitern. Denn anders als die Ausplünderung von Ressourcen oder das Massensterben von Kongolesen war das Attentat gegen den einstigen Präsidenten weltweit Anlass zum Aufatmen. Mit Laurent-Désiré Kabila wurde, so heute der internationale Konsens, das größte Hindernis auf dem Weg zum Frieden im Kongo beiseite geräumt. Und was sagt die Regierung dazu? Ruanda, Uganda und die Rebellen sind schuld . . .
DOMINIC JOHNSON
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen