: Vor dem frühen Aus
Makedoniens neue Allparteienregierung droht an einem Abkommen der beiden Albanerparteien mit der bewaffneten UÇK zu scheitern
aus Split ERICH RATHFELDER
Die makedonischen Regierungstruppen versuchen seit gestern mit einer neuen Offensive, die Hochburg der albanischen Rebellenarmee UÇK, das Dorf Vaksince, zu erobern. Es gelte, erklärte Regierungsschef Ljupco Georgievski, den Kampf gegen die UÇK „gnadenlos“ weiter zu führen. Berichte über Dutzende Tote in Vaksince blieben zunächst unbestätigt.
Nach Angaben des Flüchtlingswerkes der Vereinten Nationen UNHCR sind gestern 1.500 Menschen aus Vaksince und dem Nachbardorf Lojane geflohen. Insgesamt seien seit dem 3. Mai 11.500 Menschen auf der Flucht.
Auf der politischen Ebene haben sich die Spannungen verschärft. Die erst vor einer Woche gebildete Regierung der nationalen Einheit, an der neben den wichtigsten slawisch-makedonischen Parteien auch die beiden stärksten Parteien der Albaner beteiligt sind, steht vor dem Scheitern. Anlass dazu ist ein Treffen zwischen den Repräsentanten der beiden Albanerparteien mit der UÇK am Mittwoch. Dabei wurde eine Resolution verabschiedet, in der die Parteien und die UÇK gemeinsame Aktionen ankündigen, um die Forderungen der albanischen Bevölkerung nach Gleichberechtigung im Staate durchzusetzen. Im Gegenzug erklärt sich die UÇK bereit, unter bestimmten Bedingungen ihren bewaffneten Kampf aufzugeben.
Regierungschef Ljubco Georgievski bezeichnete das Abkommen als „Kriegserklärung gegen den makedonischen Staat“. Auch die US-Regierung, die EU und die Nato lehnten gestern das Abkommen der Albanerparteien mit der UÇK und überhaupt jegliche Gespräche mit der bewaffneten Organisation ab. Die Übereinkunft sei „völlig unannehmbar“, erklärte die britische Botschaft in Skopje für die EU.
Zum diplomatischen Eklat kam es, als bekannt wurde, dass die US-Unterhändler Robert Frowick und David Foley, die als Sonderbotschafter der OSZE in Makedonien wirken, bei diesem Treffen anwesend waren. Das behauptet zumindest die makedonische Regierung und verwies die Diplomaten des Landes.
Schon seit Wochen waren die beiden Diplomaten in Makedonien aktiv. Nicht zuletzt ihrer Arbeit war es zu verdanken, dass die Regierung der nationalen Einheit zustande gekommen ist. Frowick und Foley versuchten zudem, die Politik der USA, der Europäischen Union und der Nato in Makedonien aufeinander abzustimmen. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln sollte die UÇK dazu gebracht werden, ihren bewaffneten Kampf aufzugeben. Und die zeigte sich schon vor zehn Tagen bereit, ihrer Demobilisierung unter bestimmten Bedingungen zuzustimmen. In einem Interview mit der taz forderte die UÇK jedoch Verhandlungen, an denen die Regierung, die UÇK und internationale Vermittler teilnehmen sollten. Dabei sollte es um die politische und soziale Gleichstellung der albanisch-makedonischen mit der slawisch-makedonischen Bevölkerung gehen.
Direkte Verhandlungen mit der UÇK lehnt die Regierung unter Ljupco Georgievski jedoch ab. Stattdessen setzen der Regierungschef und der Präsident Boris Trajkovski auf die militärische Lösung.
Scharf verurteilte Georgievski gestern die Aktivitäten der albanischen Parteien und sprach von einer Regierungskrise. In seiner Antwort erklärte der Chef der Demokratischen Partei der Albaner, Arben Xhaferi, die von den Albanern gemachten Vorschläge für die Beendigung des Konfliktes sollten aufgegriffen werden. Sollte man seine Partei dazu zwingen, die Kontakte zur UÇK aufzukündigen, würde die Partei aus der Regierung austreten. Ähnlich äußerte sich auch die zweite Albanerpartei PPD.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen