: Haus rocken
■ Der Rapper Nico Suave und Gäste musizierten im Kulturzentrum Schlachthof
Was für'n schönes Gewusel. Ekstatisch der Youngstermob die Hände gen Hallenhimmel wirft. Sodass sich Frage nach dem „Was geht?“ eigentlich erübrigt. Spaß haben, das ist mal klar. „Gib mir ein ja, für Damen, die sich jeden Tag aufs Neue auf die Tanzfläche wagen.“ Und die Jungs natürlich auch. Doch die gegenseitige Versicherung gehört zum Spiel. Eine kopfnickende Erkundung in Sachen deutschsprachiger HipHop. Nico Suave am Start, Zugereister im Hamburgmonopol („dicke City, wisst Ihr bescheid!?“), das so sympathisch rüberkommt in seiner meist battlearmen Eleganz.
Die Zeiten von Fantasialand-Karikaturen aus dem Süddeutschen oder auch der dicken Hosen ist vorbei, weitgehend. Und siehe: Die Arrangements werden eleganter, die Rhymes spannender, haben sich wortwörtlich eingenordet in Richtung bundesdeutscher Lebenswirklichkeit. Und vielleicht ist alles auch ein bisschen erwachsener geworden. „Jugendsünden“ aber ist nicht moralinsaure Selbstbezichtigung, mithin Beweis, dass HipHop-gestützte Jugendarbeit erfolgreich ist, sondern eine Mixtur aus unmelancholischem Blick zurück und humoristischer Style-Schau. „Ja, so war das Leute, heute lach' ich über gestern, morgen lach' ich über heute.“ Lächerlich aber kommt das Heute nicht gerade rüber. Denn es wird das Haus gerockt.
Gegenwärtig etwa die „Briefträger-Styles“. Es gibt ein Leben vor, neben und nach dem HipHop. Nico Suave hängte seinen Postboten-Brotjob an den Nagel als einigermaßen Erfolg eintrat. Zugleich ist der Brieftträger eine nicht unpassende Metapher. Wo Nico Suave hinkommt, gibt er etwas ab. Absichtlich, scheint's, keine großen Botschaften, sondern Einblicke, Momentaufnahmen, die zugleich Identifikationsangebot sind. Drunter die smoothen Cuts, die präzisen und zurückgenommenen Beats DJ Sparcs. Mal blue wie in den zwei „Barkeeper“-Hits, die einsame Thekennächte beschreiben, allein mit dem Alkoholika-Fachverkäufer, weil man „immer noch mehr Körbe als in der Basketballliga“ kriegt. Dann wieder mit zugespielten Basslinien.
Gewusel auch auf der Bühne, Suave selbst hat Kleiner Mann an der Seite, holt aber auch die Jungs aus der Mogui Marbles-Crew oder den Bremer local hero flowin ImmO dazu. Freundschaftlich ist die Stimmung und gelöst. Alles kommt härter rüber als auf Suaves gleichnamigem Debüt, weil die gelegentlichen Instrumentalausflüge fehlen, aber auch, weil diesmal der Kesselhallensound viele Nuancen verschluckt. So bleiben: „Zwei Plattenspieler, ein DJ und ein Mike.“
Nico Suave ist ein unermüdlicher Textarbeiter. „Ist ein Text nicht perfekt, schlaf' ich die Nacht über nicht. Ich will zufrieden sein mit meinen Wortspielereien.“ Nico Suave kann damit äußerst zufrieden sein. Denn gegen einen so basslastigen Schallersound anzuspielen, der naturgemäß dem genauen Textverständnis ja nicht gerade entgegenkommt, kann man wohl nur, wenn man manche Nacht nicht durchschlief. Stundenlang Einblicke in den Stand hiesiger Rapkunst, vor allem aber: Gute Unterhaltung! Tim Schomacker
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