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Daumenschrauben der Agrarwende

Umweltminister Trittin will Landwirte zu mehr Umweltschutz zwingen. Morgen bringt er das neue Naturschutzgesetz ins Kabinett. Der Clou: Landwirtschaftsministerium stimmt Verschärfung zu. Umweltschützer zufrieden, Bauern laufen Sturm

aus Berlin BERNHARD PÖTTER

So etwas haben die Landwirtschaftsminister als Lobbyvertreter der Bauern bisher immer zu verhindern gewusst: Morgen bringt Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes ins Kabinett ein, die den Landwirten deutlich schärfer als bisher vorschreibt, bei ihrer Arbeit auf die Umwelt zu achten. Das Erstaunliche daran: Das Gesetz hat Trittin mit seiner Parteikollegin und Landwirtschaftsministerin Renate Künast abgestimmt. Nun profitiert auch die Umwelt von der grünen Ministerin.

„Eine echte Verbesserung“ nennt der Präsident des Naturschutzbundes Nabu, Jochen Flasbarth, das Gesetz. Noch im Februar hatten die Umweltschützer kritisiert, Trittin lege nur das Gesetz vor, das mit Künast-Vorgänger Funke abgestimmt worden war. Nun haben Trittin und Künast nachgebessert. Jetzt loben die Umweltverbände – und die Bauern laufen Sturm.

Denn für sie soll laut Gesetz Naturschutz alltäglicher werden: Bisher sah das Gesetz schon vor, das Pflügen an erosionsgefährdeten Hängen zu beschränken, den Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln und die Zahl der Tiere auf dem Hof zu begrenzen. Nun sollen Umweltleistungen wie das Anlegen von Hecken und Teichen in Naturschutzgebieten nicht mehr in jedem Fall vom Staat bezahlt werden. Grundsätzlich werden für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei die Standards der „guten fachlichen Praxis“ verschärft. Bauern sollen nicht mehr automatisch dafür entlohnt werden, dass sie die Umwelt nicht über Gebühr belasten. Ob die Bauern Geld bekommen, weil sie nicht so heftig mit Gülle und Gift um sich werfen, bleibt den Ländern freigestellt. Ausgleichzahlungen gibt es nur, wenn Schutzgebiete die Arbeit tatsächlich einschränken. So dürfen Bauern nicht mehr ökologisch wertvolle Feuchtgebiete unter den Pflug nehmen, im Forst soll naturnah auf Kahlschläge verzichtet werden. Heimische Bäume sollen ebenso wie einheimische Fischarten bevorzugt werden. „Auch die Tierhaltung unterliegt endlich dem Naturschutzgesetz“, so Flasbarth. Zusammen mit der neuen Verbandsklage können Umweltverbände also etwa gegen neue Ställe vor Gericht ziehen. Gescheitert sind die Verbände allerdings mit ihrer Forderung, im Gesetz das Verbot festzuschreiben, genetisch veränderte Organismen auszusäen.

Für die Bauern ist das Gesetz eine Belastung: Sie verlieren im Zweifel Zuschüsse. Die Novelle schwäche den ländlichen Raum, wenn die bäuerliche Praxis „fachfremd“ durch den Naturschutz definiert werde, klagte gestern der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Gerd Sonnleitner. Würden laut Gesetz 10 Prozent des Landes unter Schutz gestellt, befürchten die Bauern eine Wertminderung ihrer Grundstücke um insgesamt vier Milliarden Mark. Nun hoffen die Bauern auf ein Scheitern des Gesetzes im Bundesrat. Doch Trittin will nur ein Rahmengesetz erlassen, bei dem der Bundesrat nicht mitreden kann. Im Zweifel müsste ein Land gegen das Gesetz klagen.

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