: Der Seelsorger schlägt zu wie nie
betr.: „Die Ordnung achten“ von Michael Hilgers, taz vom 18. 5. 01
Seit über zehn Jahren leite ich Familienaufstellungen nach den Grundlegungen Bert Hellingers in Deutschland und in den USA. Ich habe mich fast geschämt für die taz und für eine Therapeuten wie Herrn Hilgers, der einen solchen gehässigen Dreck über die Arbeit Bert Hellingers ablassen musste. Offensichtlich ohne jede Kenntnis dessen, was sich wirklich beim Familienaufstellen abspielt, drischt er stockblind drauflos.
Diese Arbeit muss dem Psychoanalytiker Hilgers ja sehr bedrohlich sein, wenn er so dagegen hetzen muss. Ich ahne wohl, wo da das eigentliche Problem sitzt! Auf der ersten Arbeitstagung zur phänomenologisch systemischen Therapie Bert Hellingers fragte eine Therapeutin, ganz im Ernst gemeint: „Ich habe von der Krankenkasse 70 Stunden genehmigt bekommen und das Problem mit Familienstellen in einer Stunde gelöst. Was soll ich jetzt mit den restlichen 69 Stunden machen?“ Fürwahr, unsere Arbeit ist bedrohlich für die psychoanalytischen Mäuse im Therapiespeck.
HEINZ STARK, Bremen
Danke für den Hellinger-Artikel.
Der Seelsorger schlägt inzwischen zu wie noch nie. Und er setzt sich durch, weil er das bringt, was verlangt ist: eine Formalisierung, die abklärt, die Kriegsfronten in hoch bewaffnete Grenzposten verwandelt. Er schafft Friedensverträge nach dem Muster des Alten Testaments (göttliche, erbarmungslose Gerechtigkeit bei Gebotsverstoß = Todsünde) auf der Basis moderner Fürsorge = Glücksvorstellungen (die Liebe ist ja so groß und einzigartig, dass man harte Konditionen setzen muss). Das ist die Moral der satten Pfaffen, wie sie immer war, verkündet in einer neuen Armut, wie sie noch nie war: die vollständige Leere in zwischenmenschlichen Machtkämpfen, wie sie nach der Maßgabe der bedingungslos verkuppelten Geschlechter entstehen muss. Der „Seufzer der bedrängten Kreatur“ ist zur Selbstbezichtigung und Selbstgeißelung geworden. Das verspricht Erlösung! Das Ego übt den Marathon des Martyriums. WOLFRAM PFREUNDSCHUH, München
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