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Perus neuer Präsident heißt Toledo

Die PeruanerInnen hatten am Sonntag das präsidentenlose Dasein satt. Sie legten eine der Form nach vorbildliche Wahl aufs Parkett. Der siegreiche Kandidat zeigte vorläufig wenig Profil, doch sein bisheriger Rivale García bezeigte ihm schon Respekt

aus Lima INGO MALCHER

Das Warten und Streiten hat ein Ende für Alejandro Toledo. Nach vier Wahlen in nur 14 Monaten ist er neuer Präsident Perus. In der Stichwahl am Sonntag brachte er es nach Auszählung von 73,58 Prozent der Stimmen auf einen knappen Vorsprung zu seinem Widersacher Alan García. Für Toledo stimmten nach Informationen der nationalen Wahlbehörde (ONPE) 51,83 Prozent der Wahlberechtigen, für García entschieden sich 48,17 Prozent. Obwohl mehrere Prominente dazu aufgerufen hatten, ungültig zu wählen, lag der Anteil der ungültigen Stimmzettel am Sonntag mit zwölf Prozent nicht höher als bei anderen Präsidentenwahlen.

García und Toledo leisteten sich eine Wahlschlacht, in der sich beide nichts schenkten und auch vor persönlichen Anschuldigungen nicht Halt machten. Dabei wirkte García in der Regel gewandter, während Toledo oft tolpatschig auftrat und sich selbst im Wege zu stehen schien. Am Wahlabend aber bemühten sich beide Kandidaten, Gesten der Versöhnung zu verbreiten.

Schon kurz nachdem die Wahlbehörde die Hälfte der Stimmen hochgerechnet hatte, gestand García trotz des eher dünnen Vorsprungs von Toledo seine Niederlage ein und kündigte an, dass er und seine sozialdemokratisch orientierte APRA-Partei mit der neuen Regierung zusammenarbeiten werden, anstatt sie durch Oppositionsarbeit zu blockieren.

Toledos Auftritt ließ danach nicht lange auf sich warten. In Lima, von der Terrasse des edlen Sheraton-Hotels aus, verkündete er tausenden seiner Anhänger: „Nach einer langen Schlacht feiern wir heute den Sieg der Demokratie.“ Er kündigte an, die Verbrechen des Regimes von Alberto Fujimori, der in Peru von 1990 bis 2000 regierte, nicht ungesühnt zu lassen. Aber Toledo ging es mehr darum, Einigkeit zu zeigen, als Feindschaft zu schüren. So versprach er, „der Präsident aller Peruaner zu sein“. Mit seinen übertriebenen Gesten und Betonungen wirkte Toledo wie ein Schlagersänger der späten 70er-Jahre. Und auch der Inhalt seiner Rede war alles andere als neu. Überraschungen hatte er nicht zu bieten, kündigte wohl zum hundertsten Mal an, Arbeitsplätze zu schaffen, der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen und die Korruption zu bekämpfen.

Zu einem der ersten Gratulanten Toledos zählte der Schriftsteller Mario Vargas Llosa, der ihn während des Wahlkampfes unterstützt hatte. Er rief die Peruaner dazu auf, dem neuen Präsidenten im Kampf um die „Moralisierung“ des Landes zu helfen.

Obwohl in Peru Wahlpflicht herrscht, waren dem ersten Wahlgang am 8. April 18 Prozent der Wähler fern geblieben. Die Stichwahl vom Sonntag hingegen kann mit einem Rekord aufwarten: nur 3,21 Prozent der Wähler schwänzten an den Urnen. Und die Wahlbeobachterdelegation der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) lobte den sauberen Ablauf der Wahlen. „Andere Länder können sich hieran ein Beispiel nehmen“, sagte der Leiter der Delegation, Eduardo Stein.

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