: Ein Zaun und eine neue Teilung
Der Plan von Umsiedlungen und einer radikalen Trennung der Bevölkerung gewinnt Anhänger
JERUSALEM ■ taz Der jüngste Terroranschlag in Tel Aviv hat die Debatte um eine einseitig von Israel erzwungene Teilung des Landes neu entfacht. Dabei würden rund 80 Prozent der jüdischen Siedler in Gebieten wohnen, die ins israelische Kernland „eingemeindet“ sind, und Siedlungen dagegen im „Austausch“ an Palästina gegeben. Damit würde die Notwendigkeit von zahlreichen Umgehungsstraßen und der Stationierung israelischen Militärs wegfallen. Der „Erfinder des Teilungsplans“, wie er sich selbst nennt, Dan Schiftan vom Institut für Politische Wissenschaft an der Universität Haifa, erläutert, eine Trennung könne keinesfalls von heute auf morgen vorgenommen werden. Stattdessen solle eine „stufenweise Beendigung der wirtschaftlichen palästinensischen Abhängigkeit von Israel“ eingeleitet werden. Schiftan schwebt eine klare physische Trennung vor, etwa durch einen Drahtzaun mit geordneten Übergängen, die „nur mit einem Pass oder entsprechenden Genehmigungen“ passierbar wären.
Der Plan war zunächst von Expremier Ehud Barak forciert worden. Der heutige Premierminister Ariel Scharon lehnt die Idee ab. Nicht zuletzt fürchtet Scharon die Reaktion der jüdischen Siedler, die mit einer Teilung noch stärker vom israelischen Kernland abgetrennt wären. Die Sorge um die Folgen für die Palästinenser nimmt wiederum Außenminister Schimon Peres gegen den Teilungsplan ein. Umgekehrt äußerten sich jüngst Politiker aus dem rechten wie dem linken Parteienspektrum für eine Teilung.
„Natürlich wäre auch mir eine Trennung nach Absprache und mit dem Einverständnis beider Seiten lieber“, erklärte der Abgeordnete der Arbeitspartei, Chaim Ramon. Solange Israel jedoch keinen Verhandlungspartner habe, sollte wenigsten in Bereichen, in denen keine jüdischen Siedlungen sind, mit der Errichtung eines Trennungszauns begonnen werden. Insgesamt ist die Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland rund 300 Kilometer lang.
Seit dem Wochenende besteht ein totales Einreiseverbot für Palästinenser. Nicht nur die internationalen Übergänge sind gesperrt, sondern auch zahlreiche Verbindungsstraßen innerhalb des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens. Befürworter der einseitigen Trennung gehen davon aus, dass diese „internen Reisesperren“ nach der Umsetzung des Teilungsplans nicht mehr notwendig sein werden.
Für die Palästinenser bedeutet die bereits jetzt stattfindende faktische Trennung, die die Armee per Einreisesperren vornimmt, den Verlust der Einnahmen für rund 140.000 Arbeitnehmer und damit eine stete Annäherung an die ökonomische Katastrophe. Die Arbeitslosenzahlen liegen bei 50 Prozent. Rund 40 Prozent der palästinensischen Bevölkerung stehen täglich weniger als 2 Dollar pro Kopf zur Verfügung. Vertreter der Weltbank fürchten nicht nur eine soziale Rückentwicklung, sie prophezeien zudem schwerwiegende Folgen für Gesundheitssystem und Umwelt.
„Das ist ein rassistischer Strafplan“, kommentierte die Palästinenserin Prof. Hannan Aschrawi den Teilungsplan. „Wir wollen nicht in unsere kleinen Gebietsflecken verbannt werden, solange unsere Wirtschaft komplett abhängig ist und stranguliert wird.“
SUSANNE KNAUL
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