: Ecevit verliert letzten beliebten Minister
Der türkische Innenminister Tantan muss zurücktreten, weil er zu konsequent Korruption aufklärte
ISTANBUL taz ■ Der türkische Innenminister Sadettin Tantan, einer der letzten Aktivposten im Kabinett von Ministerpräsident Bülent Ecevit, ist am Mittwochabend aus seinem Amt entlassen worden. Tantan musste auf Drängen seines eigenen Parteivorsitzenden, Anap-Chef Mesut Yilmaz, seinen Hut nehmen. Yilmaz wirft dem ehemaligen Innenminister vor, er habe sich gegenüber seiner Partei illoyal verhalten und sich auf Kosten seines Parteivorsitzenden profiliert. Neuer Innenminister wird auf Yilmaz’ Vorschlag Rüstü Kazim Yücelen, bislang zuständig für das Staatsfernsehen und das staatliche Presseamt.
Der Rauswurf Sadettin Tantans ist in erster Linie eine Quittung für seine Antikorruptionspolitik. Seit Monaten sind prominente Parteifreunde Tantans Ziel ausgedehnter Fahndungsmaßnahmen, in deren Rahmen zur Zeit fast die gesamte staatliche Auftragsvergabe der letzten Jahre im lukrativen Energiesektor untersucht wird. Erstes Opfer der Staatsanwälte wurde Energieminister Ersümer, wie Tantan von der Anap und darüber hinaus enger Freund von Anap-Chef Mesut Yilmaz. Der rückt inzwischen mehr und mehr in den Mittelpunkt der Untersuchungen. Dabei geht es unter anderem um das so gennante „Blue Stream“-Projekt, das den Bau einer Gaspipeline von Russland durch das Schwarze Meer in die Türkei vorsieht und nach Auffassung der Fahnder zu für die Türkei äußerst ungünstigen Bedingungen abgeschlossen wurde. Profitieren werden allerdings etliche Freunde und Familienangehörige von Yilmaz, die an dem Bau partizipieren.
Die Untersuchungen werden von der Gendarmerie durchgeführt, die zwar zum Militär gehört aber auch polizeiliche Funktionen wahrnimmt. In dieser Funktion untersteht sie dem Innenminister – und genau das wurde Tantan nun zum Verhängnis. Er weigerte sich wiederholt, den Aufforderungen seines Parteichefs zu folgen und die Untersuchungen zu blockieren. Für die Regierung Ecevit bringt der Abgang Tantans einen weiteren Ansehensverlust in der Bevölkerung und wird mit dazu beitragen, dass sich die politische Landschaft der Türkei bald verändert. JÜRGEN GOTTSCHLICH
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