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Steilküste mit Windflüchter

Die Ostsee-Halbinsel Fischland-Darß-Zingst bietet kilometerlange Sandstrände und eine einzigartige Boddenlandschaft  ■ Von Harald Heck

Eigentlich sollte es wieder Usedom sein. Nichts erschien dem Stadtflüchter im Mai verlockender als diese Insel. Zu weit weg für die paar Tage über Himmelfahrt, befand hingegen die Tochter. Davor liegt Rügen, und noch etwas näher dies in die Ostsee wuchernde Dreieck Fischland-Darß-Zingst zwischen Rostock und Stralsund. Es könnte ja ähnlich schön sein: oben die See mit kilometerlangen Sandstränden, unten eine liebliche Boddenlandschaft mit breiten Schilfgürteln um die flachen Binnenbuchten. Und mindes-tens eine Stunde weniger Fahrzeit ab Hamburg.

In der Tat hat die mecklenburg-vorpommersche Halbinselkette einiges zu bieten. Unterkünfte, ob Hotel, Pension, Campingplatz oder Ferienhaus, gibt's reichlich und in jeder Preisklasse – nur die Raucher haben's etwas schwerer, da viele Privatquartiere unter reetgedeckten Dächern angeboten werden, die sie meist zu Nichtraucherhäusern machen. Die ostseebadtypischen Seebrücken in Wustrow, Prerow und Zingst, hölzerner Tummelplatz der Flaneure und Angler, sind zwar nicht so mondän wie die von Rügen und Usedom mit ihrer Bäderarchitektur der Jahrhundertwende, doch der Reiz dieser Region besteht ohnehin darin, daß alles ein wenig zurückhaltender erscheint.

So gibt es eine wunderschöne Steilküste zwischen Wustrow und Ahrenshoop mit dem Bakelberg als höchstem Punkt (immerhin 18 Meter über NN), aber keinen Königsstuhl wie auf Rügen und keinen Streckelsberg. Wer höher hinaus will, verschafft sich in 34 Meter Höhe einen Überblick von der Plattform des Darßer Leuchtturms aus oder er erklimmt den Aussichtsturm auf der Hohen Düne bei Prerow, der einen einmaligen Blick über den zum Bodstedter Bodden mäandernden Prerowstrom erlaubt.

Der makellose Sandstrand zieht sich fast die gesamte knapp 60 Kilometer lange Küste entlang, und wer Kindern und Hunden entfliehen will, findet mühelos eine abgelegene Stelle. Nur der Wind bläst fast immer, zur Freude der Surfer und Drachenliebhaber, und formt bizarr gebogene Bäume, sogenannte „Windflüchter“. Den breitesten Strand gibt's in Prerow, und die gute Wasserqualität macht selbst vorsommerliche Wassertemperaturen von 13 bis 14 Grad erträglich.

Die zusammengewachsenen Halbinseln Fischland, Darß und Zingst sind größtenteils Bestandteil des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft und bieten ein abwechslungsreiches Terrain. Sie lassen sich an einem langen Tag per Rad erkunden. Die Radwege sind gut ausgeschildert, vielerorts wurden neue Trassen angelegt, die dann allerdings unverhofft in die unsäglichen Betonplattenwege übergehen, die Räder und Gelenke strapazieren. Sehr empfehlenswert ist die Route zwischen Ahrenshoop und Wieck, die, nahezu unberührt von jeglichem Autoverkehr, durch die einzigartige Boddenlandschaft führt. Wer ohne Fahrrad anreist, findet in jedem Ort wenigstens einen Verleih, der zum durchschnittlichen Tagessatz von 8 Mark zur naturnahen Mobilität verhilft.

Dem menschlichen Windflüchter bietet Prerow noch einen weiteren Vorteil: es ist das einzige Seebad der Halbinsel mit jederzeit zugänglichen Strandkörben (außer der Kurtaxe bezahlt man pro Tag dort 8 Mark für einen Korb). Kein Gitter versperrt des Abends das bequeme windgeschützte Plätzchen, von dem aus man bei klarer See bis zum dänischen Møn im Norden und zum Leuchtturm von Hiddensee blicken kann, während sich über der Darßspitze im Westen die Sonne ins Meer stürzt. Und einen für kurze Zeit vergessen lässt, dass man hier fast nur unter Deutschen Urlaub macht.

Information: z.B. Kurverwaltung, Strandstraße 10, 18347 Wus-trow, Tel.: 03 82 20/251, Fax: -253 (alle Kurverwaltungen verschicken den Katalog für die gesamte Region). Empfehlenswert ist der Ellert & Richter Reiseführer „Darß, Fischland und Zingst“ von Frank Thamm für 19,80 Mark. Boddenrundfahrten sind von allen Häfen aus möglich, im Hafen von Wieck lassen sich außerdem auch Törns mit den eigenartigen dunkelbraunen Zeesseglern buchen. Essen & Trinken: Satt Fisch, frisch aus Ostsee und Bodden, außerdem lässt sich – ob Pizza, Pasta oder Döner – überall auch landesfremd speisen. Weintrinker kommen weniger auf ihre Kosten, dafür gibt's in jedem Supermarkt „Rotkäppchen“ und Perlwein aus Schwerin. Anreise: mit dem Interregio von Hamburg über Schwerin und Rostock nach Ribnitz-Damgarten (Fahrzeit ab Hamburg-Hbf ca. 2,5 Stunden). Von dort bestehen Busverbindungen. Der Pkw-Fahrer sollte vier Stunden einkalkulieren, sich für die Rückfahrt Zeit nehmen und gute Karten für Nebenstrecken bereithalten, falls er nicht im Rückfahrstau mitzockeln möchte.

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