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„Ein falsches Signal“

■ CDU-Landesvorsitzender Neumann gegen Streichung des Blindengeldes /

CDU-Landesvorsitzender Bernd Neumann hat sich in der Debatte um das Landespflegegeld zu Wort gemeldet: „Freunde, denkt nochmal nach“, sagt er in Richtung von Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD). Das Landespflegegeld, das Blinde und Schwerbehinderte unabhängig davon, wie hoch ihr Einkommen ist, zum Ausgleich ihres behinderungsbedingten Mehraufwands – maximal 750 Mark im Monat – bekommen, soll gestrichen werden – Senat und Deputation haben die Sache schon abgenickt, am Mittwoch soll die Bürgerschaft dem Landespflegegeld den Rest geben. Was in Bremen Landespflegegeld heißt, nennt sich in anderen Bundesländern Blindengeld und gilt nur für Blinde, nicht für Schwerbehinderte. Deshalb haben am vorvergangenen Wochenende 4.000 blinde Menschen aus der ganzen Republik in Bremen demonstriert, denn das kleinste Bundesland setze mit der Streichung ein Signal.

Das sieht auch Bernd Neumann. Adolf müsse sparen, das sei klar, „aber man muss dennoch immer sehen, ob das, was eingespart wird, im Verhältnis steht zu den Missverständnissen und falschen Signalen, die dadurch ausgelöst werden – fatalerweise im sozialen Bereich.“ BezieherInnen von Landespflegegeld werden es weiter bekommen, neue Betroffene, die Anspruch darauf hätten, bekämen es nicht mehr. Der Spareffekt, das bestätigt Hilde Adolf, sei gleich null. Dennoch will sie die Streichung. Und auch Bernd Neumann sagt, er halte eine Veränderung des Gesetzes für unverzichtbar. Der Grund liegt nicht in erwarteten Einsparungen. Schwerbehinderte BezieherInnen von Landespflegegeld haben Ansprüche auf Leistungen aus der Pflegeversicherung der Pflegekassen. Beides wird in Bremen gegeneinander verrechnet. Hier läuft derzeit eine Klage vorm Oberverwaltungsgericht, und falls es entscheidet, die Verrechnung sei nicht rechtens, muss das Land nachzahlen.

Dem stimmt auch Neumann zu. Die Schwerbehinderten sieht er dank Pflegeversicherung abgefedert. Dass aber die Blinden mit der geplanten Gesetzesstreichung auch leer ausgehen würden oder aber – so sie denn unterhalb einer bestimmten Einkommensgrenze liegen – ihre Ansprüche beim Sozialamt geltend machen und ergo ihre Vermögensverhältnisse offenbaren müssten, das findet Neumann nicht richtig. Seine Idee: Die Leistungen nur für Schwerbehinderte zu streichen, aber für Blinde zu belassen. Nicht, dass er umknicken wolle. „Wir haben die Streichung des Landespflegegelds gemeinsam beschlossen.“ Aber: „Es ist doch auch die Stärke einer großen Koalition zu sagen: Wollen wir das nicht nochmal überdenken?“

sgi

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