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ein plastikball im porzellanladen

von RALF SOTSCHECK

Warum zieht es einen immer wieder in einen Pub, in dem man gedemütigt wird? Zwei Mal war an dieser Stelle schon die Rede von Cumiskey’s, jenem Wirtshaus am Dubliner Broadstone, in dem Vater und Sohn Cumiskey sich nicht nur gegenseitig, sondern auch ihren Gästen mit Bosheiten das Leben zur Hölle machten. Nachdem sich der alte Aidan zur Ruhe gesetzt hatte, wollte sein einfältiger Sohn Stephen das Etablissement modernisieren, erreichte aber das Gegenteil: Bei den Bauarbeiten stellte sich heraus, dass die Kneipe auf ein paar Felsen über dem Fluss Poddle balancierte. Die Baupolizei schloss den hinteren Raum, sodass der Pub nur noch aus einer winzigen Bar und einem Toilettenverschlag bestand, der an den Tresen montiert war. Nun hat Stephen es geschafft, nach einem Jahr Bauzeit und mit viel Zement den hinteren Raum so zu sichern, dass die Baupolizei zufrieden war. Zur feierlichen Wiedereröffnung veranstaltete er ein Quiz, bei dem Teams aus vier Leuten Fragen zum Allgemeinwissen beantworten mussten. Als Hauptpreis winkte eine Flasche zwölf Jahre alter Whiskey.

Hinter mir saß eine Trauergemeinde, die seit der Beerdigung am Vormittag zügig ihren Kummer heruntergespült hatte. Ein älterer Herr rammte mir jedesmal, wenn er auf die Toilette musste, was aufgrund des phänomenalen Bierkonsums recht häufig war, seinen Stuhl in den Rücken. Als ich das beim siebten Mal monierte und ihm den Stuhl zurück in die Kniekehlen schob, so dass er auf den Sitz plumpste, sprang sein Sohn auf und behauptete, ich hätte seinen Vater attackiert. Zum Glück war der Vater nicht wählerisch, wen er mit seiner Grantigkeit bedachte. Er befahl seinem Sohn, die Schnauze zu halten. Mir dagegen reichte er die Hand. Sein Sohn stierte mich glasig an und lallte: „Wenn ich glauben würde, dass du meinen Vater beleidigen wolltest, müsste ich dich töten.“ Das ärgerte seinen Bruder so sehr, dass er ihm ein Bier über den Kopf schüttete, worauf ein Megakrach ausbrach.

Das Quiz musste vorübergehend unterbrochen werden. Bald tat der Alkohol jedoch seine Wirkung, und die Trauerfamilie verfiel ins Delirium, was Stephen ausnutzte, um ihnen die Getränke wegzunehmen. Nach der letzten Frage lagen wir mit dem Nachbartisch gleichauf. Die Stichfrage nach der Hauptstadt der Niederlande beantworteten wir korrekt mit Amsterdam, während unsere Gegner sich für Den Haag entschieden.

Wir öffneten den Whiskey an Ort und Stelle, da es Stephen gelungen war, uns in unserem Siegestaumel die Biere zu entwenden. Stuart vom unterlegenen Team starrte unterdessen ungläubig auf den zweiten Preis: einen Plastikball. Als wir ihm fröhlich zuprosteten, warf er den Ball nach uns, der aber von der Wand abprallte und den Nebentisch traf, wo gerade eine neue Runde serviert worden war. Nachdem der Ball den Tisch komplett abgeräumt hatte, sprang er vom Boden zurück und schoss einem Zwerg das volle Glas aus der Hand. Es war wie in einem Italo-Western – irgendwie passend für die Wiedereinweihung des Wirtshauses zur Hölle.

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