: Konzepte gefragt
Frühjahrstagung der Bundesbank: Alternde Bevölkerung berührt auch die Finanzmärkte. Neue Produkte sind nötig
Die längere Lebenserwartung der Bevölkerung sowie die abnehmende Zahl der Geburten haben nicht nur Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme und den Arbeitsmarkt, sondern auch auf die Finanzmärkte und die Geldpolitik. Zu diesem Ergebnis kamen die Teilnehmer auf der diesjährigen Frühjahrskonferenz der Bundesbank im Mai. Es zeichne sich ab, dass in Deutschland beispielsweise „das Verhältnis der über 60-Jährigen zu den aktiven Menschen zwischen 20 und 60 Jahren in den kommenden Dekaden auf das Doppelte steigen wird“, heißt es im Junibericht der Bundesbank.
Durch die gesetzliche Ergänzung des bestehenden Umlagesystems in der Rentenversicherung werden künftig Renten über einen angesparten Kapitalstock (mit-)finanziert. Von besonderer Bedeutung war deshalb die Frage, ob „die größere Rolle kapitalgedeckter Rentensysteme die gesamtwirtschaftliche Ersparnis beeinflussen“ werde. Erfahrungen aus der Vergangenheit dazu gibt es zwar nicht, doch wurde auf der Konferenz ein „wirtschaftliches Experiment“ in Italien analysiert: „Private Haushalte reagieren mit deutlich verstärkten Sparanstrengungen, wenn ihre Anwartschaft aus der gesetzlichen umlagefinanzierten Rentenversicherung eingeschränkt wird.“ In Ländern mit besonders gravierenden Alterungsproblemen – wie die meisten westlichen Industrieländer – werde verstärkt gespart, wozu auch die Investitionen beispielsweise in Aktien gehören. Doch der hiesige Markt wird die Sparsummen nur zum Teil mit adäquaten Sparprodukten decken können. Somit dürften zusätzliche Ersparnisse auf dem internationalen Kapitalmarkt in Länder fließen, in denen das Kapital „künftig besonders knapp ist und eine überdurchschnittliche Rendite verspricht“. In den nächsten Jahrzehnten sei deshalb „mit hohen Kapitalexporten aus Deutschland“ in andere Volkswirtschaften zu rechnen – „und später mit einem Rücktransfer“. Simulationen legten dabei nahe, dass „der größte Anteil der Kapitalexporte in andere europäische Länder geht“.
Damit einher ginge jedoch auch eine Reihe „neuer Risiken“, weshalb es auch neue Produkte geben müsse, um die Risiken besser beherrschbar zu machen. Für den Einzelnen, der für das Alter vorsorgen müsse, sei es zum Beispiel wichtig, dass „er bei unsicherer Lebenszeit dafür Sorge tragen muss, dass seine Ersparnisse nicht vorzeitig aufgezehrt werden“ – er aber auch umgekehrt nicht zu viel für das Alter spare. Eines solcher neuen Produkte seien beispielsweise jene Verträge, die gegen eine feste Summe eine jährliche Rente bis zum Lebensende sichern. Solche Rentenverträge seien ein „wichtiges Element in der Altersvorsorge“, deren Akzeptanz mit einem fairen Preis steige. Aber: „Eine angemessene Aufsicht und Regelung der Anbieter spielen hierbei eine besondere Rolle.“ ALO
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