: Tue Gutes und rede darüber
■ Länderfinanzausgleich: Bremen bekommt 86 Mark pro Einwohner / Scherf korrigiert eigene Prognose: Der Stadtstaat wird erst im Jahr 2020 zum reichen Geberland
Da gibt es einfach nichts zu mäkeln. Nur darüber, wer am Wochenende in Berlin die Millionen für Bremen eingefahren hat, streiten sich die Geister. „Der neue Länderfinanzausgleich ab 2005 ist ein Erfolg für Bremen“, sagte gestern selbst Helga Trüpel, stellvertretende Fraktionschefin der Grünen. Allerdings sei er nur „durch die Bereitschaft des Bundes“ ermöglicht worden, „finanzielle Lasten der Länder zu übernehmen.“ Das sahen die beiden wohlgelaunten Herren, die gestern vor die Presse traten, um Gutes zu tun und darüber zu reden, natürlich etwas anders. „Am Schluss waren die Geberländer isoliert“, triumphierte der Bremer Verhandlungsfuchs, Bürgermeister Henning Scherf (SPD). Erst durch seine „umsichtige Bündnispolitik im Hannoveraner Kreis“ (zehn Nehmerländer plus Hamburg) sei der Kompromiss über den Länderfinanzausgleich geglückt, meinte Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU). Dann nannte er doch den Wohltäter des bitterarmen Bremens: „Eichel hat uns zwei Jahre bis zum Überdruss gequält. Erst Schröder hat die Lösung gebracht.“
Der Kanzler hatte Bremen wie folgt beschert: Im Länderfinanzausgleich winken Bremen ab 2005 zusätzlich 56 Mark pro Einwohner, also 37 Millionen Mark. Für die Abgeltung der Hafenlasten kommen bis 2019 zusätzlich 30 Mark pro Bremer zustande. Macht summa summarum 86 Mark pro Einwohner oder insgesamt 58 Millionen Mark. Außerdem: Zwölf Prozent der überdurchschnittlichen Steuereinnahmen werden zukünftig nicht in den Länderfinanzausgleich einbezogen. Dieses „Prämiensystem“ könnte pro Jahr zusätzlich bis zu 30 Millionen Mark in die Kassen bringen.
Das Geld aus Berlin sei allerdings kein Grund zum „Feiern ohne Ende“, sagte Scherf – wohl wissend, dass sich bis 2005 in Berlin und in der Wirtschaft noch eine Menge ändern kann. Deshalb sei die Sanierung „dringend“ fortzuführen. Außerdem hoffe er weiter auf die schriftliche Zusage des Bundeskanzlers, Mindereinnahmen aus der Steuerreform ab 2005 zu zahlen: „Schröders Brief ist wichtig – den geben wir nicht aus der Hand.“ Gleichzeitig korrigierte Scherf seine eigene Prognose: Das Ziel, Bremen bis 2010 zum Geberland zu sanieren, sei wegen „Schulden und überproportionaler Arbeitslosigkeit“ nicht mehr zu erreichen. „Bis 2020 wird es wohl noch dauern.“ Das Senats-Ziel, bis 2005 keine Kredite mehr für konsumtive Ausgaben aufzunehmen, bleibe allerdings bestehen.
Dagegen kritisierten die Grünen, die Millionen seien nur ein Tropfen auf den heißen Bremer Stein: „Die Schulden wachsen weiter“, sagte Helga Trüpel. Wegen der „verfehlten Sanierungspolitik“ werde „das Land 2005 mit 19 Milliarden Mark in der Kreide“ stehen. ksc
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