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Contrescarpe: Rasen statt Ticket-Callcenter

■ Das Investoren-Grundstück an der Contrescarpe liegt brach. Rasen wurde eingesät, denn „das soll keine Dreckecke werden“

Auf einem der lukrativsten Gewerbegrundstücke in der Bremer City, dem „Contrescarpe“-Grundstück zwischen Siemens-Hochhaus und Wall-Anlagen, hat das Bremer Amt für Straßen und Verkehr (ASV) Rasen sähen lassen. Zu deutsch: Mit einem Baubeginn ist in den nächsten Monaten nicht zu rechnen. Da wollte das ASV wenigstens verhindern, dass jeder Windstoß Wolken von Staub und Straßendreck zur Sögestraße trägt. Und damit nicht wilde Parker die Brachfläche erobern, wurden rotweiße Absperrungen aufgestellt.

Verärgert sind darüber vor allem diejenigen, die sich daran erinnern, welchen Zeitdruck der Bremer Unternehmer Klaus-Peter Schulenberg vor anderthalb Jahren gemacht hatte. Damals ging es darum, ob er das Grundstück bekommt oder die europäische Container-Umschlagsfirma „Eurogate“, Tochter der Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG) und Hamburgs Eurokai. Eurogate hätte gern das Contrescarpe-Grundstück gehabt, um in Bahnhofs-Nähe einen repräsentativen Firmensitz zu bauen. „Wir hatten großes Interesse“, sagt heute noch der BLG-Sprecher, „das ist uns kaputt gemacht worden“. Die Stadt gab das Grundstück lieber an die Schulenberg-Gruppe (Weser Report, Ticket-Service). Eurogate wich auf ein Grundstück an der Kohlhökerstraße aus, aber wenigstens Eurogates Adresse soll noch top sein: Sie heißt „Präsident-Kennedy-Platz 1a“, nach dem Platz nebenan. Während auf dem Cont-rescarpe-Grundstück der Rasen wächst, steht an der Kohlhökerstraße schon die vierte Etage im Rohbau.

Schulenberg hatte sich das Contrescarpe-Grundstück per Kaufvertrag im vergangenen Jahr gesichert, im Grundbuch ist der neue Eigentümer aber bis heute nicht eingetragen. Immerhin wurde im Mai bezahlt, versichert die städtischeGesellschaft für Bremer Immobilien (GBI). „Anfang 2002“ soll der Bau beginnen, lässt Schulenberg mitteilen. Dieser Zeitplan kann aber nur eingehalten werden, wenn bis dahin der Architekten-Wettbewerb stattgefunden hat und abgeschlossen ist, den der Bauherr mit dem Stadtplanungsamt vereinbart hat. Kein einziges Gespräch über die architektonische Gestaltungsfragen hat mit dem Bauressort in diesem Jahr stattgefunden.

Dies ist der Hintergrund, vor dem Bremens Amt für Straßen und Verkehrdie Frage aufwarf, wie die Gewerbebrache gesichert werden könnte. Denn die Straße ist verlegt, die Straßenbahn-Haltestelle fertig, der Bürgersteig schön gemacht, als sollte da keineswegs eine Baustelle eingerichtet werden. „Fahrradbügel da aufzustellen, wäre zu teuer gewesen“, sagt Ralf Thöle vom ASV. Aber man könne es auch nicht so lassen, „das sollte ja keine Dreckecke werden“ gegenüber vom Hillmann-Plaza-Hotel. Ein Windstoß, ein Regenguss – kaum vorstellbar, wie das Umfeld ausgesehen hätte.

Der Finanzsenator, der aus seinem Dienstzimmer auf das brach liegende Baugrundstück blicken kann, dürfte über die Verzögerungen auch „not amused“ sein. „Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, zu überprüfen, ob da Rasen oder Unkraut wächst“, sagt Stefan Luft, als Sprecher des Finanzressorts auch für die Bremer Immobilien-Verwaltung zuständig, mürrisch.

Beim Amt für Straßen und Verkehr geht man derzeit davon aus, dass die provisorische Lösung an der Contrescarpe nicht so lange währt wie die auf dem Bahnhofsplatz. Dort wurde der Bauplatz asphaltiert und hunderte Fahrradbügel aufgestellt, nachdem der unter Vertrag genommene Investor, die Stuttgarter Widerkehr-Gruppe, nicht mit dem Bau beginnen wollte.

Gestern hat die Baudeputation den Bau eines Fahrrad-Parkhauses links neben dem Haupteingang des Bahnhofes beschlossen werden, im Jahre 2003 soll die Einweihung sein. Die Bügel werden wohl vorerst auch dann bleiben, sagt das ASV.

K.W.

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