: Vor Abschiebung an Kinder denken
■ Jugendhilfe-Ausschuss klagt Kinderrechtskonvention ein
Wenn Familien abgeschoben werden sollen, dann müssen Innensenator und Ausländerbehörde nicht nur die Bestimmungen des Asylrechts prüfen, sondern auch die Problematik des „Kindeswohls“. Und das „in jedem Einzelfall“, hat der Jugendhilfeausschuss in seiner Sitzung am vergangenen Donnerstag ausdrücklich im Hinblick auf die libanesischen Familien klargestellt - und das passierte ohne Gegenstimme, die CDU-Politikerin Silke Strietzel stimmte ausdrücklich dafür.
Die SPD-Sozialpolitikerin Barbara Wulff geht davon aus, dass die für „Soziales und Jugend“ verantwortliche Senatorin Hilde Adolf auch auf Senatsebene klarmacht, dass es hier auch um die Kinder geht. Immerhin will die Jugendministerkonferenz der Bundesländer die „Kinderrechtskonvention“ der UN vollständig ratifizieren und damit verbindlich machen.
Im einzelnen will der Jugendhilfeausschuss, bei dem die Sozialsenatorin den Vorsitz führt, bis zur nächsten Sitzung am 16. August auch wissen, „in welcher Weise der Senator für Inneres, Bezug nehmend auf die Absprachen der Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU, die Einzelfälle libanesischer Kinder und Jugendlicher hinsichtlich einer Abschiebung“ prüft. Das Gremium, in dem Vertreter der Parteien und der Jugendverbände vertreten sind, hat dem Senator gleich eine Liste von Kriterien an die Hand gegeben, die nach Ansicht der Jugend-Politiker eine Rolle spielen sollten. „Keine Straffälligkeit“ steht da ganz oben, aber „regelmäßiger Schulbesuch“ kommt direkt danach, Bemühen der Eltern, den Spracherwerb der Kinder zu fördern, Bemühen der Eltern um Arbeit für den Lebensunterhalt der Familie, Bemühungen um Integration über Mitgliedschaft in Sportvereinen und so weiter.
„Der Jugendhilfeausschuss geht davon aus, dass der Innensenator die genannten Kriterien zunächst abschließend bewertet und der zuständigen Deputation für Soziales und dem Jugendhilfeausschuss berichtet, bevor über weitere Abschiebungen entschieden wird“, heißt es im Beschluss des Jugendhilfe-Ausschusses, der mit 11 Ja-Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen wurde. Die Liste der Kriterien ist ein deutliches Signal dafür, dass die Sozialpolitiker in Fällen, in denen die asylrechtliche Lage eine Abschiebung erlauben würde, einen Ermessenspielraum nach jugendpolitischen Kriterien ausgeschöpft sehen wollen. K.W.
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