: Simbabwes Opposition sucht Strategie
Die Gewerkschaften bezeichnen den zweitägigen Generalstreik als Erfolg. Jetzt wird verschärfte Repression erwartet
JOHANNESBURG taz ■ Simbabwe sitzt auf einem Pulverfass, doch die seit langem befürchtete Initialzündung eines gewaltsamen Konflikts zwischen Regierung und Opposition ist wieder einmal verschoben worden. Während des gestern beendeten zweitägigen Generalstreiks der Arbeitnehmer des Landes war die Stimmung angespannt. Viele Menschen sind verärgert über die am 12. Juni verkündete Erhöhung des Benzinpreises von 70 Prozent. Aber vorhergesagte Unruhen zwischen streikenden Arbeitern, Polizei und so genannten Kriegsveteranen blieben aus.
„Wir wollten mit unserer Aktion Druck ausüben“, sagt Collen Gwiyo, Sprecher des Gewerkschaftsverbandes Zimbabwe Congress of Trade Unions (ZCTU), und bezeichnet die hohe Beteiligung von 95 Prozent am Ausstand als Erfolg. Der Verband hat 190.000 Mitglieder und genießt breite Unterstützung bei den 1,2 Millionen Arbeitern in Simbabwe. Nun wartet die ZCTU auf eine Reaktion der Regierung auf dieses Zeichen ihres Unmuts, bevor heute die geschlossenen Firmen, Banken und Geschäfte wieder öffnen. Bisher hat die Regierung auf Proteste immer mit Gewalt reagiert. Direkt nach der jüngsten Benzinpreiserhöhung bekämpften Polizisten Ausschreitungen in Townships bei Harare mit Tränengas. Den Generalstreik der letzten Tage hatte Robert Mugabes Regierung verboten.
Ändern wird sich nach dem Ausstand kaum etwas für die Bevölkerung. Beobachter befürchten eher zunehmende Repressalien der Regierung, die die Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr um jeden Preis gewinnen will. Es ist auch unwahrscheinlich, dass der praktisch über Nacht drastisch angezogene Literpreis für Benzin heruntergeschraubt wird. Simbabwe muss sein Benzin importieren, aber vor wenigen Tagen erklärte Simbabwes Finanzminister Simba Makoni, das Land habe keine ausländischen Währungsreserven mehr. Der Benzinpreis ist im vergangenen Jahr insgesamt um das Dreifache gestiegen, die Lebenshaltungskosten haben sich verdoppelt.
Für Arbeiter in Simbabwe ist der Alltag ungemein schwer geworden. Mit Löhnen von teilweise gerade 80 Mark im Monat und einer Inflationsrate von 70 Prozent drohen neben der sich täglich vertiefenden Wirtschaftskrise auch soziale Katastrophen. „Wegen der hohen Preise werden mehr Leute ihre Arbeit verlieren“, meint ZCTU-Generalsekretär Wellington Chibebe.
„Die Sorgen der Arbeiter sind berechtigt“, meint Learnmore Jongwe, Sprecher der Oppositionspartei Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC), und weist darauf hin, dass die Partei nicht am Streik beteiligt ist. MDC und ZCTU pflegen aber enge Beziehungen, zumal die Partei aus der Gewerkschaftsbewegung gewachsen ist. Doch es herrschen bei Simbabwes Opposition eine merkwürdige Zurückhaltung und Stille, obwohl der Generalstreik ja nicht nur eine Reaktion auf Preiserhöhungen ist, sondern einen tieferen Unmut ausdrückt. MARTINA SCHWIKOWSKI
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