: Kein Sonderrecht für Rechtsanwälte
BGH: Wie alle anderen dürfen auch Anwälte kein Geld annehmen, das aus krummen Geschäften stammen könnte
KARLSRUHE taz ■ Auch Strafverteidiger haben kein Recht auf Geld aus unsauberen Geschäften. Der Bundesgerichtshof entschied gestern, dass Rechtsanwälte, die Honorare annehmen, obwohl sie wissen, dass das Geld aus Drogengeschäften, Bestechungen oder gewerbsmäßigen Betrügereien stammt, wegen Geldwäsche bestraft werden können. Wie für andere Berufsgruppen sei die entsprechende Vorschrift aus dem Strafgesetzbuch auch für Strafverteidiger anwendbar, hieß es in der Begründung.
Konkret ging es um einen Fall, in dem zwei Frankfurter Rechtsanwälte ein Ehepaar verteidigt hatten, das angeklagt war, durch Anlagebetrug insgesamt 500 Millionen Mark ergaunert zu haben. Die Eheleute hatten unter dem Namen „European Kings Club e. V.“ (EKC) nach dem so genannten Schneeballsystem mehr als 90.000 Anleger betrogen. Die Honorare für die Verteidigung – insgesamt 400.000 Mark – wurden den Anwälten in einem Koffer übergeben. „Die Anwälte haben gewusst und gebilligt, dass es sich dabei um Geld aus den Geschäften des EKC handelte“, meinten die obersten Richter in Karlsruhe.
Der Verteidiger der Anwälte, Rechtsanwalt Rainer Hamm, sieht weitreichende Konsequenzen für die Anwaltschaft: „Jeder Strafverteidiger muss dann bei wirklich jeder Honorarannahme damit rechnen, selbst verfolgt zu werden“, sagte er. Um diesem Risiko zu entgehen, müsste der Anwalt die Wahlverteidigung niederlegen und sich vom Gericht als Pflichtverteidiger beiordnen lassen. Der wird dann zunächst aus der Staatskasse bezahlt – was weniger lukrativ ist. Rechtsanwalt Hamm fürchtet daher auch einen Qualitätsunterschied zu Lasten des Mandanten. Dies ließ das Gericht jedoch nicht gelten: „Die Pflichtverteidigung ist keine Verteidigung minderer Güte“, sagte der Senatsvorsitzende Bernd-Dieter Bode.
Auch die Befürchtungen von Rechtsanwalt Hamm, jeder Verteidiger werde so zum potenziellen Objekt strafrechtlicher Verfolgung, zum Beispiel durch Kanzleidurchsuchungen oder Abhörmaßnahmen, teilte das Gericht nicht. „Die bisherige strafrechtliche Praxis hat gezeigt, dass nur wenige entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden“, sagten die Richter. Das beruhigte den Anwalt jedoch keineswegs. Er befürchtet vielmehr, dass die Staatsanwaltschaften „erst richtig loslegen“, wenn das Urteil veröffentlicht ist. Doch ist der Jurist auch überzeugt, dass in dieser Frage das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. PEGGY FIEBIG
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