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Gesellschaft für Milošević

Die bosnische Serbenrepublik will Karadzić und Mladić nach Den Haag ausliefern und bittet um internationale Hilfe bei der Festnahme. Gericht bestätigt hartes Urteil gegen „serbischen Adolf“

DEN HAAG afp ■ Die bosnische Serbenrepublik ist zur Auslieferung des früheren bosnischen Serbenführers Radovan Karadzić und dessen Oberbefehlshaber Ratko Mladić an das Haager UN-Kriegsverbrechertribunal bereit. Es gebe dazu keine Alternative, sagte Regierungschef Mladen Ivanić bei einem Besuch in den Niederlanden am späten Mittwochabend.

Ivanić fügte hinzu, ausschlaggebend für die Bereitschaft zur Zusammenarbeit sei die Überstellung des jugoslawischen Expräsidenten Slobodan Milošević in der vergangenen Woche gewesen. Sein Land wolle nicht als einziges des ehemaligen Jugoslawiens dastehen, das nicht mit dem Tribunal kooperiere. „Wenn ich Karadzić wäre, würde ich mich selbst stellen“, sagte Ivanić. Allerdings gebe es praktische Schwierigkeiten im Falle einer Festnahme, weil laut UN-Regeln niemals mehr als fünf Angehörige bosnisch-serbischer Sicherheitskräfte gemeinsam ausrücken dürften. Deshalb forderte er internationale Hilfe für die Festnahme.

Der bosnischen Serbenrepublik war in der Vergangenheit vorgeworfen worden, gesuchten Kriegsverbrechern Unterschlupf zu gewähren. Ivanić wollte gestern mit dem Präsidenten des UN-Kriegsverbrechertribunals Claude Jorda und der Chefanklägerin Carla Del Ponte zusammenkommen.

Karadzić und Mladić werden Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Zeit des Bosnienkriegs (1992 bis 1995) vorgeworfen. Ihnen wird auch das Massaker von Srebrenica angelastet, bei dem serbische Truppen im Juli 1995 über 7.000 Muslime unter den Augen niederländischer Blauhelmsoldaten töteten. Karadzić und Mladić sollen sich in der Republika Srbska aufhalten.

Der Gerichtshof bestätigte unterdessen in einem Berufungsverfahren sein bislang höchstes Strafmaß von vierzig Jahren Haft gegen den bosnischen Serben Goran Jelisić. Die Beibehaltung des Strafmaßes gegen Jelisić sei einstimmig entschieden worden, sagte Richter Mohammed Shahabuddeen.

Der heute 33-Jährige, der sich selbst als „serbischer Adolf“ bezeichnete, war im Oktober 1999 wegen des Vorwurfs der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen worden. Jelisić war während des Bosnienkriegs Mitverantwortlicher in herausragender Position im Gefangenenlager von Luka in der nordbosnischen Stadt Brcko.

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