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Frühwarnsystem gegen Krisen

Zwei neue Ämter sollen in Zukunft Agrarskandale verhindern, rät die BSE-Beauftragte Hedda von Wedel: Eines soll das Risikomanagement von Bund und Ländern koordinieren, das zweite soll vor Gefahren warnen. Künast arbeitet bereits daran

aus Berlin MATTHIAS URBACH

Es gab gerade den siebten BSE-Fall in Deutschland, und die Empörung über das Missmanagement vor allem in Karl-Heinz Funkes Agrarministerium wuchs, als der Kanzler in einem ersten Befreiungsschlag Hedda von Wedel zu seiner BSE-Beauftragten machte. Sie sollte die Schwachstellen in der Verwaltung zwischen Bund und Ländern finden, so ihr offizieller Auftrag. Gestern nun, 82 BSE-Fälle später, legte Hedda von Wedel, hauptamtlich Präsidentin des Bundesrechnungshofes, ihren Bericht vor.

Nüchtern und sachlich zählte sie auf, was noch zu verbessern sei: Eine „koordinierende Stelle des Bundes“ soll eingerichtet werden, um ein strafferes und verbindlicheres Risikomanagement zu ermöglichen. Zweitens verlangte sie die Schaffung einer zentralen wissenschaftlichen Einrichtung, die unabhängig von politischen Einflüssen und eigenständig den Forschungsstand bündeln und über das Risiko von Lebensmitteln informieren soll. Schließlich schlug sie eine Zusammenlegung der Verbraucherschutzabteilungen in Künasts Ministerium vor.

Erst Freitag war der jüngste BSE-Fall bekannt geworden – Nummer 89. Diesmal traf es eine Herde im Kreis Weser-Ems. Doch die große Aufregung um den Rinderwahn hat sich gelegt, inzwischen bastelt Renate Künast an der Agrarwende – als Ministerin des neu geschaffenen Verbraucherschutzministeriums. Dass es dieses Ministerium gibt, ist auch ein wenig Verdienst von Hedda von Wedel. Geradezu prophetisch hatte sie am 8. Januar erstmals vorgeschlagen, die Kompetenzen der Ministerien für Verbraucherschutz zu bündeln. Tags drauf trat Andrea Fischer zurück und zog Agrarminister Funke ebenfalls aus dem Amt. Nur einen Tag später präsentierte der Kanzler Gerhard Schröder den neuen Ressortzuschnitt: ein Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft unter Künast. Das neu gegründete Ministerium findet von Wedels Wohlwollen, auch wenn es noch Verbraucherschutzbereiche gebe, die beim Gesundheits- beziehungsweise beim Umweltministerium verblieben seien. Dies solle noch einmal überprüft werden.

Doch nur mit einem neuen Ministerium sind die Probleme nicht gelöst, die zu BSE führten: schlechte Kontrollen von Tieren und Futtermittel. Kompetenzwirrwarr zwischen Bund und Ländern und zwischen Bundesamt und Ministerien und schließlich unter den Bundesministerien selbst führten dazu, dass Warnungen ungehört verhallten und Informationen auf dem Amtsweg versickerten. Bislang versammeln sich Bund und Länder von Krise zu Krise in neuen Krisenstäben. Für ein effektives Krisenmanagement sei aber eine „institutionalisierte Koordinationsplattform“ nötig, sagte von Wedel. Dort müssten ein einheitliches Risikomanagement und einheitliche Kontrollen entwickelt werden. Auch will sie ein Frühwarnsystem für neue Lebensmittelskandale errichten. Beim Bund sind alleine 18 Einrichtungen mit Lebensmittelsicherheit beschäftigt: Es gibt etwa eine Bundesanstalt für Milchforschung, eine für Fleischforschung, eine für Landwirtschaft und wieder eine andere für Kulturpflanzen. Deren Arbeit solle künftig „besser verknüpft“ und „stärker auf die Lebensmittelsicherheit“ ausgerichtet werden, so von Wedel.

Künast begrüßte gestern den Bericht. Der Inhalt stellt für das Ministerium keine Überraschung dar, hat man doch mit von Wedels Arbeitsgruppe ebenfalls in Kontakt gestanden. Schon länger strickt man im Ministerium an einem „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“, das das geforderte Risikomanagement und die Koordinierung zwischen Bund und Ländern übernehmen soll. Eine weitere Expertengruppe im Ministerium entwickelt derweil ein Konzept für eine wissenschaftliche Stelle, wie sie von Wedel fordert. Auch Künast will ein unabhängiges Amt einführen, in das weite Teile des bisherigen Bundesamtes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) aufgehen sollen: „Gesundheitsrisiken eindeutig zu bewerten darf nicht vermischt werden mit Überlegungen, wie aufwändig die Vorsorge für den Staat oder die Wirtschaft ist“, sagte die Ministerin gestern.

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