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Aufstand der Zuständigen

Über Frontstadtatmosphäre und Neonaziterror in Elmshorn: Die Politik ist gefordert, schreibt in der taz Deutschlands IG-Metall-Chef  ■ Klaus Zwickel

Irgendwo in Deutschland in einem kleinen Städtchen, eigentlich eher ruhig und beschaulich, Vorstadtidylle, ist seit Monaten alles anders: unruhig, aufreibend – vielleicht Frontstadtatmosphäre. Diesen Eindruck kann man bekommen, wenn man die Ereignisse in Elmshorn verfolgt: Die gesamte norddeutsche Neonaziszene hat diese Stadt ins Visier genommen. Menschen werden mit Morddrohungen tyrannisiert, Bürgerinnen und Bürger ausländischer Herkunft trauen sich zu manchen Zeiten nicht mehr durch die Straßen. Bereits vier Mal musste die Stadt eine Horde grölender Neonazis – einen Aufmarsch – erdulden.

Jetzt sind auch die Medien in den Blick des Christian Worch und seiner Spießgesellen geraten: Die Gebäude eines Zeitungsverlages wurden beschmiert und beschädigt, weil er Zeitungen druckt, in denen Artikel für Toleranz und Verständnis für Ausländer werben. Man kann zugleich zornig und sprachlos werden angesichts dieser Ereignisse. Die Elmshornerinnen und Elmshorner sind vielleicht zornig, aber sie sind nicht sprachlos, sondern sie wehren sich: der „Aufstand der Anständigen“ ist hier Alltag.

Das „Elmshorner Bündnis gegen Neonazis“ organisiert gegen jeden Aufmarsch eigene Veranstaltungen, informiert und mobilisiert. Die IG Metall Unterelbe – vor allem der Bevollmächtigte Uwe Zabel – gehören zu den Initiatoren und treibenden Kräften dieses Bündnisses. Der IG Metall Vorstand unterstützt dies ausdrücklich.

Ich frage mich: Wann kommt der Anstand der Zuständigen? Denn bisher wurden alle Aufmarsch-Verbote seitens der Neonazis gerichtlich erzwungen. Es ist unübersehbar, dass hier neue Nationalsozia-listen die Bürgerinnen und Bürger Elmshorns drangsalieren – und das ist nicht „nur“ politisch verwerflich, sondern verfassungswidrig. Der für heute angemeldete Aufmarsch ist erst einmal verboten. Das ist gut so – und das muss so bleiben!

Es wäre allerdings verkehrt zu glauben, das Problem des Rechts-extremismus ließe sich allein juristisch lösen, sondern genauso ist die Politik gefordert, durch Gesetzgebung, politische Strategien und Bildungspolitik der Diskriminierung und Gewalt in jeder Form vorzubeugen.

Schlussendlich kommt es auf jeden einzelnen Bürger und jede einzelne Bürgerin an: Die Elmshorner zeigen, wie es geht. In dieser Stadt hat man den Neonazis den Kampf angesagt, man lässt sich nicht einschüchtern und will auch heute ein fröhliches Festival feiern und so für das bessere, das demokratische und tolerante Deutschland demonstrieren. Und das ist noch besser als gut so.

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