: Keine „Polizei GmbH“ – Lüken rudert zurück
■ Polizeipräsident kassiert Anordnung: Knöllchen-Geld soll nicht mehr direkt in die Reviere zurückfließen
Das Innenressort soll „not amused“ gewesen sein, viele Bremer auch nicht. „Wie im Tollhaus“ oder „moderne Wegelagerei“ waren andere nette Kommentare. Da sollte doch die gute alte Polizei dazu verdonnert werden, sich mit Knöllchen-Schreiben neue Stehlampen und Faxgeräte zu „verdienen“. Polizeipräsident Rolf Lüken hatte das angeordnet: Ab Juni dürften die Reviere 60 Prozent der Einnahmen durch Bußgelder selbst behalten.
Gestern ruderte Lüken zurück. „Ich habe mir nicht vorstellen können, dass man so kraus denken kann“, geißelte der Polizeipräsident Untergebene, die die Geschichte in der Presse lanciert hatten. Anstatt Morde zu verfolgen würden Polizisten demnächst mit dem Strafzettelbuch auf Streife gehen, wenn sie bald einen neuen Dienstwagen wollten.
„Das ist eine Unverschämtheit, dass die alles kaputtmachen“, meinte Lücken zerknirscht. Auf der großen Polizeileitersitzung am Montag muss es mächtig Stunk gegeben haben.
Also: Ab sofort gilt wieder die alte Regelung. Die Bußgelder fließen in den großen, 235 Millionen Mark schweren Gesamtetat der Polizei und kommen nicht den Revieren zugute, die die Knöllchen „erwirtschaftet“ haben“.
Keine „Polizei GmbH“. Lüken: „Wir wollen mit den Bußgeldern die Verkehrssicherheit erhöhen. Und sonst gar nichts. Die Polizei ist und wird keine gewinnorientierte Firma.“ Doch der Polizeipräsident stichelt weiter – diesmal gegen das Innenressort. Es geht um die rund 4,5 Millionen Mark, die die Polizei jährlich durch Bußgelder einnimmt. Wenn die Strafzettel nämlich nicht so viel Geld einbringen, fehlt die Knete im Polizei-Etat. Lüken: „Ich bin also verpflichtet, das Geld durch Verwarnungsgelder zu erwirtschaften. Man kann darüber streiten, ob das koscher ist.“
Immer wieder gebe es „Pressionen“ aus der Innenbehörde, wenn Mitte des Jahres absehbar sei, dass die 4,5 Millionen nicht mehr eingebracht werden könnten. Und das passiere oft. Ständig unterschritten die Polizisten die Zielmarke um 20 Prozent. Hunderttausende fehlten. Und natürlich gebe er dann nicht die Parole aus: Mehr Strafzettel schreiben! Lüken: „Sondern ich sage: Dann sind wir eben im Minus!“ Und dann müsse es, wie Ende vergangenen Jahres, wieder heißen: Pro Streife dürfen nur noch 70 Kilometer gefahren werden. ksc
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