: Streit über eine Kuhpflatsche
Tierschützer protestieren gegen den Abwurf eines toten Rinds in Prenzlauer Berg
Ist es Kunst, wenn eine tote Kuh von einem Hubschrauber aus 40 Meter Höhe auf den Boden abgeworfen wird und explodiert? Natürlich, sagt Wolfgang Flatz. Der Provokationskünstler will in einer Performance zum Thema „Fleisch“ am Donnerstagabend in der Backfabrik in Prenzlauer Berg den „Umgang des Menschen mit seinem Körper und der Nahrungskette“ in Frage stellen. Der Kadaverabwurf soll dabei von Walzerklängen umrahmt werden, nach der Explosion der Kuh werden Paare im Dreivierteltakt tanzen.
„Eine Ekelaktion“, sagen dagegen die Tierversuchsgegner Berlin und Brandenburg. Sie wollen gegen den Münchner Künstler und Hochschulprofessor eine einstweilige Verfügung erwirken. „Als Tierschützer können wir es nicht hinnehmen, dass extra für diesen Zweck eine Kuh getötet wurde“, erklärt Karin Hardekopf vom Vorstand des Vereins. Weil eine Verbandsklage nicht möglich ist, versucht der Verein die Aktion über ein 13-jähriges Mädchen zu verhindern. Der Verein argumentiert mit dem seelischen Schock, den das Kind allein durch das Zuschauen erleiden könnte. Außerdem befürchtet Hardekopf Nachahmungstäter: „Niemand kann ausschließen, dass so etwas Kinder dazu ermuntert, ihre Haustiere vom Balkon zu werfen.“
Entsetzt über die fliegende Kuh ist auch Ines Saager, CDU-Stadträtin für Gesundheit, Umwelt und Natur in Pankow. „Es widerstrebt mir völlig, dass jemand Fleisch in die Luft schmeißt und behauptet, das sei Kunst“, erklärt sie. Der Künstler habe aber strenge Auflagen des Veterinär- und Aufsichtsamtes zu befolgen. „Es wurde genau vorgeschrieben, was für ein Tierkörper das sein darf und wie der, auch in Hinblick auf BSE, ausgeschlachtet sein muss“, sagt Saager.
Künstler Wolfgang Flatz stören die Proteste nicht. „Sich über ein totes Tier aufzuregen, das ohnehin geschlachtet wurde, ist lächerlich“, sagt er. Über die zahlreichen wegen BSE getöteten Tiere rege sich schließlich auch niemand auf. „Nur vor einem kulturellen Hintergrund gibt es ein Problem“, kritisiert er.
In der Vergangenheit hat Flatz schon mit anderen Projekten für Aufsehen gesorgt: Er ließ sich als lebende Zielscheibe mit Dart-Pfeilen bewerfen und setzte sich selbst als menschliches Pendel zwischen zwei Metallplatten ein.
DDP
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen