: Marketingleiter Ortwin Runde
PR-Aktion: Der Bürgermeister lässt vorm Urlaub noch einmal die HamburgerInnen wissen, wie gut sie es unter ihm haben ■ Von Peter Ahrens
Ortwin Runde schult um: Er will jetzt Verkäufer werden. Der Bürgermeister hat sich nämlich „geirrt“. Geirrt in der Annahme, dass „ein gutes Produkt wichtiger ist als ein gutes Marketing“. Deshalb werde er bei der PR in Sache Senatspolitik künftig „ein bisschen mehr nachlegen“, hat er entschieden. Gestern hat er schon mal einen Anfang gemacht: Bevor er in den Sommerurlaub entschwand, ließ er die Öffentlichkeit via Pressekonferenz wissen, wie gut es dieser Stadt unter seiner Ägide geht: „Man muss mit den Pfunden wuchern, die man hat.“
So wird also heftig die Selbstlob-Tour gefahren: „Die allermeisten Hamburger blicken so sorgenfrei in die Zukunft wie lange nicht mehr“, behauptet der Bürgermeister und hat den „begründeten Anfangsverdacht, dass das auch mit der Politik des Senates zusammen hängen könnte“. Die Wirtschaft der Stadt stehe „glänzend da“, und wenn da mal trotzdem ein Problem daher komme, werde nicht lange gefackelt: „Wir packen die Aufgaben an und lösen sie.“
Dass diese sozialdemokratische Eigenerkenntnis bei vielen HamburgerInnen offenbar noch nicht durchgedrungen ist und die Umfragenwerte für die SPD so schlecht sind wie selten, scheint Runde nicht großartig zu stören: „Sie sehen mich relativ entspannt.“ Schließlich habe er im vergangenen halben Jahr „mit einer Intensität wie vielleicht nie in meinem Leben“ für diese Stadt gerackert. Er zählt auf: Länderfinanzausgleich, Airbus, Arena.
Selbst zehn Prozent-Wahlstimmenwerte für Ronald Schill sind allerhöchstens Anlass für „Sorge um den guten Ruf dieser Stadt“, nicht Sorge um den Machterhalt. Den so genannten Bürgerblock von CDU, FDP und Schill-Partei, den besonders der Koalitionspartner von der GAL in ihrem Wahlkampf stets als Szenario an die Wand malt, ist für Runde „nur eine Fiktion“. Die Widerstände innerhalb von CDU und FDP gegen ein Zusammengehen mit Schill hält er für zu stark, als dass es tatsächlich ein Mitte-Rechts-Bündnis geben könnte. 44 Jahre Dauer-Sozitum im Senat? Für Runde kein Problem: „Die Feuerwehr ist noch viel länger rot als die Hamburger SPD und hatte trotzdem immer wieder neue Technik an Bord.“
Die Medien werden in den kommenden Wochen vor der Bürgerschaftwahl wohl häufiger mit solchen Aktionen bedient. Denn Runde, der auch schon mal bei Bild-Chefredakteur Kai Diekmann anruft, um eine bessere Berichterstattung der Senatspolitik einzufordern, sagte mit einem süffisanten Lächeln: „Ich räume der Presse bei der Meinungsbildung in der Stadt eine enorme Rolle zu.“ Aber jetzt ist ja erst einmal Urlaub. Und dort will Runde angeblich seinem Motto frönen: „Carpe Diem.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen