: Strom aus dem Stall
Die Initiative E.Off hat sich auf ihre Fahnen geschrieben, Elektrizität zu hundert Prozent aus regenerativen Energien und zu hundert Prozent regional zu produzieren. Die Stromaktivisten setzen dabei vor allem auf Biogasanlagen
von VOLKER ENGELS
Der Werbespot, in dem Arnold Schwarzenegger Kühlschränke und Toaster schüttelt und terminatorgleich ein „Mix it, Baby“, raunt, scheint vor allem eines signalisieren zu wollen: Der Strom des Anbieters E.On setzt sich aus einem Strommix zusammen, der für jeden das Richtige bietet. Dass auch Atomkraft einen Teil des Energie-Portfolios ausmacht, erkennt der geneigte Zuschauer auf den ersten Blick nicht.
Aber auch der so genannte grüne Strom, der von zahlreichen Stromanbietern feilgeboten wird, gibt Anlass zu Kritik: „Es macht wenig Sinn, wenn ich mir aus Baden-Württemberg Biostrom heranziehe“, meint Gundolf Plischke, einer der Gründer der Berliner Initiative „Energie ohne Fremdbestimmung und fossile Brennstoffe“ (E.Off).
Die Initiative, die sich Anfang des Jahres aus einem Umweltseminar gegründet hat, hat sich vor allem zwei Forderungen auf ihre Fahnen geschrieben: Strom soll „zu hundert Prozent aus regenerativen Energien stammen und zu hundert Prozent regional produziert werden“, so Plischke.
Vor allem die konsequente Verwertung von Biomasse könne einen erheblichen Anteil des Energiebedarfs decken. Berlin sei mit seinen Rieselfeldern und landwirtschaftlichen Liegenschaften der „größte Bauer der Welt“ und könne die anfallende Biomasse problemlos als Energieträger nutzen.
Der direkte Weg vom Erzeuger zum Abnehmer sei das Ziel, eben „vom Kuhstall zum Kühlschrank“. E.Off, die sich als „selbst organisierte und selbst verwaltete Initiative“ versteht, will vor allem die energiepolitischen Akteure an einen Tisch bringen. Die ersten Treffen fanden daher auch unter Beteiligung von Energieexperten und interessierten Bürgern sowie von selbst verwalteten Hausprojekten statt.
In deren Kellern erwirtschaften teure Blockheizkraftwerke ein regelmäßiges Minus, weil das Verfeuern von Gas nicht über das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert wird.
„Das Ziel der Bundesregierung, die Kohlendioxid-Emission um ein Viertel zu verringern, ist nur zu erreichen, wenn drastische Maßnahmen des Energiesparens durchgesetzt und die Energiewende hin zu erneuerbaren Energiequellen konsequent vollzogen werden“, meint der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND).
Mit der Liberalisierung der Energiemärkte könnten Verbraucher selbst entscheiden, ob sie Billigstrom aus hochgefährlichen Atomanlagen in Deutschland, aber auch aus osteuropäischen Schwellenländern kaufen wollten oder auf Solarenergie, Windkraft und Biomasseanlagen setzen wollen. Das Ziel des BUND lautet: Der Kreis der Ökostromkunden in Berlin soll sich innerhalb von drei Jahren verzehnfachen.
„Bislang spielen erneuerbare Energien in Berlin kaum eine Rolle“, kritisiert auch Roland Schnell von E.Off die Energiepolitik der Hauptstadt. Vielmehr setze die Politik in der Hauptstadt vor allem auf Erdgas und vernachlässige die Möglichkeiten, die etwa Biogasanlagen böten. „Biohöfe im Umland“, meint der diplomierte Chemiker, „können neben ihren neben ihren Biomöhren genauso gut auch noch Ökostrom produzieren“.
Um auch bereits bestehende Blockheizkraftwerke ökologisch befeuern zu können, schlägt Schnell vor, „ölhaltige Pflanzen ökologisch zu produzieren“. Im Übrigen falle bei den städtischen Grünflächenämtern reichlich Rohstoff zur Energieerzeugung an, der aber nicht entsprechend genutzt werde: „In deren Denkweise ist das Abfall, wir betrachten das als Rohstoff.“ Das Ziel der Initiative, ein eigenes Netz von Ökokraftwerken und Leitungen aufzubauen, meint Schnell, sei allerdings schon „sehr anspruchsvoll“.
Am Anfang könnten aber direkt vor Ort die Produzenten und die Konsumenten von Ökostrom miteinander vernetzt werden, indem etwa der Biobauernhof das angrenzende Gewerbegebiet mit Strom und Wärme versorge.
Eine schöne Vorstellung: Das Schwarzenegger-Plakat im Gewerbegebiet wird von Lampen angestrahlt, die ihre Leuchtkraft den Darmwinden von Hornochsen verdanken.
Interessierte können sich mit Gundolf Plischke von der Energie-Initiative E.Off per E-Mail über die Adresse syd199@web.de in Verbindung setzen.
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